SRF News: Welcher Art war Ihr letzter Kontakt mit Ueli Steck?
Oswald Oelz
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Der schweizerisch-österreichische Arzt Oswald Oelz ist selber Bergsteiger und ein renommierter Höhenmediziner. Bis 2006 war er Chefarzt am Zürcher Triemli-Spital.
Oswald Oelz: Das letzte SMS von ihm enthielt Bilder von Erfrierungen seines Sherpas. Ich habe ihm geraten, dass dieser Mann – ein ganz hervorragender Sherpa – für die nächsten sechs Monate keinesfalls in die Höhe gehen sollte, weil er ansonsten einen Teil seiner Finger verliert.
Hat sich dadurch Ueli Stecks Risiko erhöht, da er nun allein unterwegs war?
Das weiss ich nicht. Auch wenn sie zusammen unterwegs waren, gingen sie ja meist nicht am Seil. Ausserdem kenne ich die Umstände nicht, unter denen Ueli am Nuptse abgestürzt ist. Eigentlich ist das dortige Gelände für ihn allerdings kein Problem. Er hätte dort nicht abstürzen sollen. Aber: Irgendwann passiert es auch den Allerbesten. Ich habe einige Freunde, die das Bergsteigen bis ans Limit getrieben haben – darunter sind Reinhold Messner oder Peter Habeler. Ich hoffe, dass sie alle noch sehr lange leben. Allerdings habe ich auch eine Liste von Freunden, die bei Unternehmungen am Berg umgekommen sind. Das ist der Preis für das Abenteuer. Der Preis für das tödliche Scheitern ist immer inbegriffen.
Kurz vor seiner Himalaya-Mission war Ueli Steck zu Gast im «Tagesgespräch». In seinem letzten grossen Radiointerview sprach der Extrembergsteiger über die Risiken in seinem Beruf.
Dessen war sich auch Ueli Steck immer bewusst?
Er war sich dessen sicher bewusst. Allerdings verdrängen wir Bergsteiger diese Möglichkeit. Man denkt, dass man schon irgendwie davonkommen werde. Sonst könnte man in schwierige Wände gar nicht erst einsteigen. Ich bin sicher, Ueli war fest davon überzeugt, dass er das alles irgendwie übersteht. Aber wie die traurige Tatsache einmal mehr zeigt: Irgendwann schlägt die Statistik zu.
Wie haben Sie Ueli Steck als Menschen erlebt?
Er war ein wohlwollender, immer freundlicher Freund, der auch in den Alpen die anderen Bergsteiger immer irgendwie aufgemuntert hatte. Es war immer ein Privileg und eine Freude, mit ihm unterwegs zu sein.
Das Gespräch führte Roger Aebli.
Das sagt der Journalist Mathias Morgenthaler:
Beim Interview, das ich mit Ueli Steck vor seiner letzten Expedition führte, habe ich ihn sehr nachdenklich erlebt, was sein Draufgängertum angeht. Ich hatte den Eindruck, er wisse eigentlich, dass er etwas ändern müsste, trotzdem war er noch nicht so weit, es tatsächlich zu tun. Er sagte in dem Interview auch, angesichts der vielen Rekorde, die er gebrochen habe, kämpfe er wohl nicht gegen den Berg, sondern gegen seine eigenen Zweifel. Ueli Steck sass in einem Dilemma fest: Er musste die Rekorde immer höher schrauben, damit er eine Antwort auf die Frage erhielt, wie gut und wie leistungsfähig er war. Das Problem dabei ist: Man kommt nie an, es gibt immer eine neue Herausforderung. Ihn beschäftigte zuletzt auch das Risiko der eigenen Psyche: Steck sagte, vor drei Jahren sei in der Annapurna-Südwand etwas mit ihm passiert: Es sei ein Schalter umgelegt worden und er habe die Wand hoch wollen, koste es, was es wolle – auch wenn er dabei sterbe. Das hat ihn beschäftigt und verstört – und ihn dazu veranlasst, den Kompass neu ausrichten zu wollen. Er wollte dem Teufelskreis aus immer neuen Herausforderungen und grösseren Risiken entkommen, kannte die Antwort aber noch nicht, was für ihn eine Alternative wäre.
02:55
Video
Ein Abschied für immer
Aus Schweiz aktuell vom 01.05.2017.
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Matthias Morgenthaler: «Er war in einem Teufelskreis gefangen»
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srf/snep;schp
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