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«Niemand ahnte, dass Madsen ein brutaler Mörder sein könnte»
Aus SRF 4 News aktuell vom 10.10.2017.
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Ungeklärter Mordfall «Bekannte haben Madsen nie als aggressiv beschrieben»

Im Fall der Journalistin Kim Wall verdichtet sich der Mordverdacht gegen Tüftler Madsen, sagt Journalist Niels Anner.

Niels Anner

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Der freie Journalist lebt in Kopenhagen und berichtet von dort für diverse deutschsprachige Medien.

SRF News: Was hält man in Dänemark von der neusten Entwicklung im Mordfall Kim Walls?

Niels Anner: Der Fall ist wieder gross in den dänischen Medien. Er ist einer der rätselhaftesten und makabersten Kriminalfälle Skandinaviens der letzten Jahre. Der Fund des Kopfes der Journalistin wird jetzt als eigentlicher Durchbruch bei den Ermittlungen bezeichnet. Die Tatsache, dass sich am Schädel keine Frakturen befinden, überführt den Tüftler Peter Madsen jetzt der Lüge. Schliesslich hatte er immer von einem Unfall gesprochen und gesagt, eine herabfallende Luke hätte den Tod Kim Walls verursacht. Doch das stimmt nun nachweislich nicht.

Madsen war ein kleiner Daniel Düsentrieb, der eigentlich ganz sympathisch rüberkam. Dass er ein brutaler Mörder sein könnte, ahnte niemand.

Madsen sitzt seit längerem unter Mordverdacht in Untersuchungshaft. Hat sich die öffentliche Meinung über ihn jetzt geändert?

Die Anklage lautete von Anfang auf Mord, doch die Polizei machte wie üblich nicht alle ihre Erkenntnisse öffentlich. Auch gibt es keine Zeugen, auf dem U-Boot befanden sich nur Madsen und Wall. Ausserdem fehlten lange Zeit Beweisstücke. So tauchte der Torso Walls erst nach Wochen im Meer auf, und erst jetzt sind weitere Leichenteile im Meer gefunden worden. Für die Gerichtsmediziner ist es entsprechend schwierig, Todesursache und -zeitpunkt festzustellen. Deshalb lag bislang vieles im Dunkeln.

Madsen ist in Dänemark ein bekannter Forscher und Tüftler, was wusste man über ihn in der Öffentlichkeit?

Er war vor allem für seine Raketenprojekte bekannt. Jahrelang baute er mit einem Team Raketen mit dem Ziel, eines Tages einen bemannten Raumflug durchzuführen. Er galt als charismatischer, ein bisschen verrückter Tüftler, der an seine Ideen glaubt und diese auch mit grossem Einsatz umsetzt. Menschlich galt er als etwas merkwürdig und zuweilen auch etwas aufbrausend, doch Bekannte haben ihn nie als aggressiv oder bedrohlich beschrieben. Er war ein kleiner Daniel Düsentrieb, der eigentlich ganz sympathisch rüberkam. Dass er ein brutaler Mörder sein könnte, ahnte niemand.

Wie hat sich die öffentliche Haltung ihm gegenüber in den letzten Monaten verändert?

Sie hat sich stark verändert. Zwar bemühten sich die Medien zu Beginn sehr, Madsen nicht vorzuverurteilen. Doch im Verlauf der Ermittlungen und bei diversen Gerichtsanhörungen ist seine Vorliebe für Fetischsex und damit seine exzentrische Seite bekannt geworden. Dass die Polizei auf seinem Computer Filme von Frauen fand, die gefoltert und geköpft wurden, schockierte verständlicherweise nicht nur die dänische Öffentlichkeit, sondern auch ihm nahestehende Personen. Auch wenn Madsen abstreitet, etwas mit diesen Videos zu tun zu haben. Auch andere Personen hätten Zugang zu seinem Computer gehabt, sagt er.

Das Gespräch führte Monika Glauser.

Madsen ein brutaler Frauenmörder?

Der rätselhafte Tod der Journalistin Kim Wall sorgt seit zwei Monaten für Schlagzeilen: Die schwedische Journalistin fuhr mit dem dänischen Forscher Peter Madsen im August auf dessen U-Boot aufs Meer – für ein Interview. Doch sie kehrte von der Ausfahrt nicht lebend zurück. Madsen wurde unter Mordverdacht festgenommen, beteuert aber bis heute, nichts mit ihrem Tod zu tun zu haben.
Madsen sagt, Wall sei auf dem U-Boot eine schwere Luke auf den Kopf gefallen und dabei umgekommen, worauf er sie in Panik über Bord geworfen habe. Doch die Beweise sprechen eine andere Sprache: Kim Walls Körper tauchte zerstückelt auf, zuerst nur ihr Rumpf ohne Kopf, Arme und Beine. Inzwischen haben Taucher auch den Kopf und die Beine entdeckt. Die Leichenteile wurden in Plastiksäcken auf dem Meeresgrund gefunden. Verletzungen wies der Kopf keine auf.

Inzwischen wurde zudem bekannt, dass die DNA des Mordverdächtigen mit Spuren von ungelösten Mordfällen in Schweden abgeglichen werden sollen. Es gebe einzelne Fälle mit einem ähnlichen Täterprofil, hiess es von der Polizei in der südschwedischen Region Skåne. Auch in den fraglichen Fällen seien weiblichen Opfern Gliedmassen abgetrennt worden. Der U-Boot-Bauer soll sich in den vergangenen Jahren unter anderem in der Region aufgehalten haben.

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