Das wichtigste in Kürze:
- Laut einer repräsentativen Umfrage benutzen 90 Prozent Kundenrezensionen als Kompass , wenn es darum geht, ein Hotel oder Restaurant zu finden.
- Schätzungen besagen aber, dass rund 15 Prozent solcher Einträge gefälscht sind.
- Solche sogenannten Fake-Reviews, die das eigene Image aufpolieren sollen, werden aber nicht nur von den Hotelbesitzern selbst verfasst. Sie animieren auch andere Personen dazu oder kaufen sie sogar von professionellen Agenturen .
- Es ist nicht immer einfach, solche falschen Lobgesänge zu erkennen. Einige Tipps gibt es aber.
Bevor man die Ferien bucht oder ein Restaurant besucht, wüsste man gerne, was einen erwartet. Da sind Online-Bewertungsportale wie Tripadvisor oder Holidaycheck äusserst nützlich. Und sie werden rege genutzt: Eine repräsentative Umfrage der Fachhoschule Worms (D) zeigt, dass rund 90 Prozent der 1000 Befragten solche Kundenrezensionen als Entscheidungshilfe beiziehen.
Viele können mitmischen
Auch die Gastronomie-Betriebe sind sich dessen längst bewusst. Solche Portale sind für sie von grosser Bedeutung – ein wichtiges Marketinginstrument. Und so kommt es wie es kommen muss: Viele Lobeshymnen auf Hotels und Restaurants sind gefälscht. Schätzungen sind schwierig; die Autoren der Wormser Studie gehen davon aus, dass rund 15 Prozent der Einträge nicht von Hotel- oder Restaurantbesuchern verfasst wurden. Doch nicht nur Gastronomen schreiben für ihr eigenes Angebot falsche, positive Bewertungen. Einige geben diesen Auftrag weiter:
- An Angestellte und Freunde: Ein Beispiel dazu lieferte «Kassensturz». Die Konsumentensendung berichtete über die grosse Schweizer Gastronomiekette Remimag, welche eine «Anleitung zur Pflege von Tripadvisor» herausgab. Darin forderte sie Mitarbeiter samt Familie und Freunde auf, unter Fantasienamen positive Bewertungen zu schreiben und immer die Maximalpunktzahl zu vergeben. Die Anweisungen sind klar: Jeder Mitarbeiter muss zehn Personen auflisten, die ebenfalls löblich über den Betrieb schreiben. Dabei dürfen sie sich nicht immer vom selben Computer aus einloggen. Auszüge aus dem Leitfaden:
- An Minijob-Anbieter: Auch Menschen, die das Restaurant oder Hotel noch nie gesehen haben und sich einfach etwas Geld nebenbei verdienen wollen, schreiben frei heraus Kritiken. Sie bieten im Internet ihre Dienste an. Zum Beispiel auf der Mini-Job-Plattform fiverr.com. Hier gibt es positive Bewertungen bereits ab fünf Dollar.
- An professionelle Agenturen: Es gibt Firmen, die mit falschen Bewertungen ein Geschäftsmodell entwickelt haben. Die Direktorin des Hotels Théâtre in Zürich bestätigte vor drei Jahren gegenüber SRF dass solche Firmen per Mail ungefragt anbieten, positive Bewertungen zu verfassen, die authentisch geschrieben sind. «Ich habe schon viel von solchen unmoralischen Angeboten gehört, war dann aber doch etwas geschockt, dass auch ich solche erhalte. Für mich kommt so etwas nicht in Frage.» Auch im Internet werden solche Angebote angepriesen. Ein Beispiel: positive-bewertungen-kaufen.de. Lobende Arzt-Bewertungen, Google-Bewertungen, Facebook-Likes und eben auch «Positive Restaurant- und Hotel-Bewertungen für verschiedene Portale. Gerne auch gemischt.» Zehn Stück davon gibt es für 119 Euro.
Auszüge aus dem Angebot von positive-bewertungen-kaufen.de
Die Alarmsignale
Plattformen wie Tripadvisor versuchen zwar, solche gefälschten Bewertungen herauszufiltern, doch das ist äusserst schwierig. Wie aber soll der Nutzer eines solchen Portals nun unterscheiden, ob der Bewerter das Hotelzimmer lobt, weil es wirklich so exzellent ist oder weil er dafür bezahlt wird? SRF sprach mit Mark Leinemann, der eine Studie der Freien Universität Berlin und der Produktetestplattform kjero.com begleitete. Er hat sich mit Fake-Reviews befasst und sagt, wo ein Leser misstrauisch werden sollte:
- Wenn der gleiche Nutzer innerhalb einer kurzen Zeitspanne viele Bewertungen abgibt.
- Wenn die Bewertungen sehr kurz oder sehr lang und einseitig sind und sehr allgemein gehalten sind (z.B. «Der beste Service aller Zeiten.»)
- Wenn Bewertungen Kritik anderer entkräften. Oft werden dabei auch die kritischen Bewerter direkt angegriffen.
- Wenn die Schreiber ihre Bewertung anonym oder unter einem Spitznamen verfassen.
- Wenn die Sprache allzu PR-mässig klingt. Denn Fälscher nutzen gerne Aussagen aus dem PR-Material der Hotels oder Restaurants und werbliche Floskeln wie «grossartig» oder «einmalig». Bewusst gemachte Rechtschreibefehler sollen dabei Echtheit vorgaukeln.
Weitere Tipps:
- Prüfen Sie, ob die Quellen verlässlich sind: Nutzen Sie nur Portale, bei denen nicht jeder einfach eine Bewertung anonym schreiben kann (das können Sie selber ausprobieren). Bei Portalen bei denen sich die Nutzer über Telefonnummer, Adresse oder Kauf/Nutzung verifizieren müssen, sinkt die Gefahr für Fälschungen. Denn die Fälscher müssten bei diesen Portalen in jedem Fall eine Bestellung aufgeben oder persönliche Daten hinterlegen, was mehr Aufwand und Geld kostet. Daher sinkt die Zahl der möglichen Fälschungen und die korrekten Bewertungen bleiben eher in der Überzahl.
- Nutzen Sie immer mehrere Portale: So finden Sie Bewertungen von verschiedenen Quellen. Helfen kann es auch, wenn man einfach im Internet nach dem Namen des Hotels oder Restaurants sucht, zusammen mit den Stichworten «Bewertung» oder «Rezension». Verdacht schöpfen sollte man, wenn auf mehreren Plattformen die genau gleiche Bewertung zu finden ist.
- Fragen Sie Freunde: Es kann sich lohnen, sich bei Freunden, Bekannten und Verwandten umzuhören. Vielleicht kennt der eine oder andere das Angebot und kann seine verlässlichen Eindrücke schildern.