Eine Gruppe Jugendliche hat es sich auf der Aare gemütlich gemacht: Ein Schlauchboot, zwei aufblasbare Sitze und eine Luftmatratze haben sie zusammen gebunden und schippern so gemütlich die Aare hinab. Auf der Luftmatratze liegen leere Dosen und Verpackungen.
Nüchterne und nicht nüchterne Aarebenützer
«Das ist unser Müllboot», witzelt der Lukas. Man nehme das ernst mit dem Müll, es werde nichts liegengelassen, betont der 17-Jährige. Allerdings wirkt seine Stimme schon etwas schwer. Ja, es sei möglich, dass er schon etwas getrunken habe. Im Boot liegt bereits eine fast leere Wodkaflasche. Aber betrunken sei er nicht, fügt Lukas an.
Wir sind unterwegs auf der Aare, von Altreu nach Solothurn, an einem heissen Sommertag. Viele solche Schlauchboot-Gruppen sind am heutigen Tag unterwegs. Etwas weiter in Richtung Solothurn treffen wir eine grössere Gruppe an. Acht Leute sitzen in mehreren Schlauchbooten aneinander gebunden. Der 21-jährige Andi winkt beim Thema Alkohol ab. «Nein, heute sind wir seriös unterwegs», erklärt er.
0,5 Promille darf jemand maximal intus haben, wenn er auf der Aare unterwegs ist. Der junge Mann weiss das, er sei im Kajak-Club und deshalb vertraut mit den Regeln. 0,5 Promille könne er sich gut merken: «0,5 Promille, das sind etwa 6 Stangen. Das haben wir im Griff», schmunzelt er. Und ein Blick ins Boot zeigt: Bier ist tatsächlich nicht vorhanden.
Etwas weiter unten ist eine dritte Gruppe Jugendlicher unterwegs, sie hat gar einen Radio mit an Bord, und auch etwas Bier. Doch auch diese Gruppe ist genug fit, um einem Schiff rechtzeitig ausweichen zu können. Die nötigen Paddel dafür sind ebenfalls an Bord.
Ich-Mentalität der Aare-Schwimmer
Die Schlauchboot-Gruppen sind vor allem im Hochsommer auf der Aare anzutreffen, besonders am Ende der Sommerferien, weiss Markus Bärtschi. Er ist der Chefkapitän bei der Bielerseeschifffahrtsgesellschaft, und seit über 20 Jahren auf der Aare unterwegs. Schwierig seien diese Gruppen lediglich dann, wenn sie nur wenige oder keine Paddel an Bord hätten, weil sie dann nur schwierig ausweichen können. Probleme mit alkoholisierten Gruppen habe er noch keine gehabt, so Bärtschi.
Mehr Probleme bereiten ihm da eher die Schwimmer. Die könnten zwar ausweichen, machen das aber häufig nur zähneknirschend. «Ich mache keinen Milimeter in eine andere Richtung, die anderen sollen auf mich Rücksicht nehmen», das sei nicht selten die Denkweise der Aare-Schwimmer, erklärt Bärtschi. So treffe man diese häufig in der Mitte der Aare an, wo die Strömung am stärksten ist – und die Kursschiffe fahren.
Notstopp als allerletztes Mittel
Dabei sei es schon schwierig genug, Schwimmer überhaupt zu erkennen. «Bei praller Sonne oder etwas Wellengang von einem anderen Boot zum Beispiel erkennt man einen Schwimmer manchmal sehr spät», weiss Bärtschi. In so einem Fall versucht der Kapitän jeweils, so gut wie möglich auszuweichen. Im allerschlimmsten Fall muss er einen Notstopp machen.
Das ist aber aus mehreren Gründen keine optimale Lösung, erklärt Bärtschi: Erstens braucht es beispielsweise bei der MS Rousseau einen Moment, bis die Bremswirkung eintritt.
Zweitens beträgt der Bremsweg locker bis zu 200 Metern. Und drittens ist das Schiff nach einem Notstopp quasi manövrierunfähig: Es stoppt zwar, wird aber von der Strömung und nicht mehr vom Motor getrieben. Im schlimmsten Fall treibt es direkt in den Uferbereich. Glücklicherweise kommen solche Notstopps selten vor, sagt Bärtschi.
Natur an der Aare wird genügend geschützt
Natürlich benutzen nicht nur Menschen die Aare, sondern auch Tiere. Dabei verändert das Verhalten der Menschen dasjenige der Fische kaum, wie Wildbiologe Mark Struch vom Kanton Solothurn erklärt. Vögel würden da schon eher durch das Verhalten der Menschen gestört.
«Der Haubentaucher beispielsweise deckt normalerweise sein Gelege mit Ästen ab, damit Fressfeinde seine Eier nicht finden», erklärt Struch. Wird ein Haubentaucher nun beispielsweise durch ein Motorboot gestört, das zu nahe am Nest im Schilf vorbeifährt, kann er sein Gelege nicht abdecken. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Population zurück geht.
Dank den vorhandenen Schutzzonen macht sich Struch aber dieszbezüglich keine Sorgen, auch wenn immer mehr Menschen auf die Aare kommen. Und wenn die Zahl wirklich stark zunehmen würde, habe man genügend Mittel, um zum Beispiel neue Schutzzonen zu generieren, so Struch.
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 17:30 Uhr)