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Aargau Solothurn Aarburg warnt: Die meisten Asylbewerber landen in Sozialhilfe

Asylsuchende kosten Gemeinden nichts. Das betonen und Bund und Kantone immer wieder. Doch das stimmt nur kurzfristig, wie Zahlen aus Aarburg nun belegen wollen. Gemeinderätin Martina Bircher hat gerechnet. Und sagt: Ehemalige Asylbewerber belasten die Gemeindekasse massiv. Und langfristig.

Legende:
Sozialhilfebezüger nach Herkunft Die Balken zeigen die Herkunft der Sozialhilfebezüger in Prozenten. Auffallend: Der Anteil der aus Afrika stammenden Bezüger ist zwischen 2007 und 2013 von 5 auf 13 Prozent angestiegen. Statistik Aargau

«Ich wollte wissen, was neue Asylheime für uns langfristig bedeuten», sagt SVP-Gemeinderätin Martina Bircher aus Aarburg. Deshalb ging sie zum Sozialamt und forstete die Statistiken durch. Das Ergebnis ist beunruhigend, nicht nur für Aarburg.

«Wenn man die Zahlen von Asylstatistik und Sozialstatistik vergleicht, dann zeigt sich, dass unter dem Strich 75 Prozent der Asylbewerber am Schluss in der Sozialhilfe landen.» Das heisst auch: Drei Viertel der Asylbewerber liegen früher oder später den Gemeinden auf der Tasche. Denn die Gemeinden sind es, die die Sozialhilfe finanzieren.

Das aktuelle System

Während des laufenden Asylverfahrens übernehmen Bund und Kantone die vollen Kosten, zum Beispiel für Unterkunft oder Sicherheitspersonal. Die Gemeinden müssen nur indirekte Kosten tragen, zum Beispiel für Kinder von Asylsuchenden, die die Schule im Dorf besuchen.

Auch wenn Asylbewerber eine Aufenthaltsbewilligung erhalten (Status B oder F), bleiben sie vorerst in der finanziellen Obhut des Bundes. Fünf oder sieben Jahre lang kümmert sich dieser um ehemalige Asylbewerber. Dann allerdings gehen die Menschen in die Obhut der Gemeinden über. So, wie es auch für alle anderen Bewohnerinnen und Bewohner dieses Landes gilt.

«Es gibt Leute bei uns, die sind seit acht Jahren und mehr in der Schweiz. Aber sie haben noch immer keinen Job und sind von der Sozialhilfe abhängig», erklärt dazu Martina Bircher in Aarburg. Für sie ist die Frist von fünf bzw. sieben Jahren willkürlich. Vor allem aber zu kurz.

Das Problem der Gemeinden

Familie vor Hauseingang
Legende: Asylsuchende in Aarburg: Noch kümmern sich Bund und Kantone finanziell um diese Menschen. Keystone

Vor allem Menschen aus Afrika, aktuell vor allem aus Eritrea, sind in den letzten Jahren vermehrt in die Schweiz gereist. Sie werden als Asylsuchende in der Regel anerkannt. Und sie finden ebenso in der Regel keine Arbeit.

Das bestätigt auch Cornelia Breitschmid vom Kantonalen Sozialdienst. Betroffen seien vor allem Menschen aus Eritrea. «Diese Leute kommen von sehr weit her, sie haben oft eine miserable Schulbildung und Mühe, die für sie sehr komplizierte deutsche Sprache zu lernen. Auf solche Leute warten die Arbeitgeber bei uns natürlich nicht.»

Kurz: Die Integration in den Arbeitsmarkt scheitert oft. Das heisst: Diese Menschen sind häufig abhängig von der Sozialhilfe. Nach fünf oder sieben Jahren aber müssen diese Kosten die Gemeinden übernehmen. Betroffen sind vor allem Gemeinden wie Aarburg. Die Gründe dafür liegen auf der Hand:

  • Wer in einem Asylheim wohnt und seine Kinder in der Gemeinde einschulen lässt, der zieht auch nach einem positiven Asylentscheid kaum weg
  • Aarburg hat viel günstigen und leeren Wohnraum, bietet den ehemaligen Asylbewerbern also ideale Bedingungen für ein Leben nach dem Asylheim
  • In Aarburg haben sich (wie in anderen Gemeinden auch) Gemeinschaften gebildet, zum Beispiel von Eritreern

Das Problem werde sich in den kommenden Jahren massiv verschärfen, rechnet Martina Bircher vor. «Bisher sind etwa die Hälfte der Asylsuchenden bei uns noch im Bundesprogramm. In den nächsten drei Jahren werden wir diese Menschen aber in das kommunale Wohlfahrtssystem übernehmen müssen.»

Die Prognosen für die nächsten Jahre

Bircher rechnet mit 1,5 Millionen Franken zusätzlich pro Jahr für Sozialhilfeausgaben. Schon heute macht der Posten Soziale Wohlfahrt 5,5 Millionen pro Jahr aus, ein bedeutender Posten im Gemeindebudget von insgesamt 28 Millionen.

Bircher warnt aber auch andere Gemeinden: «Suhr oder Wohlen werden die gleichen Probleme haben. Auch dort gibt es Asylheime, auch dort gibt es günstigen Wohnraum. Und auch dort werden viele ehemalige Asylbewerber aus dem Bundesprogramm ausscheiden.»

Die Zahlen der kantonalen Sozialstatistik geben Bircher recht. Der Anteil an Sozialhilfeempfängern aus Afrika hat bereits in den letzten Jahren prozentual stark zugenommen.

Die politische Forderung aus Aarburg

Für Martina Bircher ist klar: Langfristig seien die Sozialkosten für die Gemeinden nicht mehr tragbar. Sie fordert deshalb eine neue Lösung. «Bund und Kantone entscheiden über die Aufenthaltserlaubnis. Unabhängig davon, ob jemand Sozialhilfe benötigt oder nicht. Deshalb sollen auch Bund und Kantone diese Kosten tragen.»

Inzwischen hätten auch andere Gemeinden Interesse gezeigt an den Berechnungen aus Aarburg. Bircher wurde von der SVP-Bundeshausfraktion zu einem Gespräch eingeladen, auch mit dem Kanton bestehen Kontakte.

Gut möglich, dass die Diskussion aus Aarburg Eingang in die Schweizer Politik findet. Allerdings: Eine neue Lösung dürfte schwer durchzusetzen sein. Auch bei Bund und Kantonen ist die Politik auf Sparkurs.

Die politische Alternative für den Kanton Aargau

Bircher überlegt sich deshalb auch Alternativen. «Man könnte auch die Sozialhilfe-Belastung der Gemeinden neu regeln. Zum Beispiel, indem die Sozialhilfekosten in einen Topf kommen und dann von allen Gemeinden solidarisch finanziert werden.» Gemeinden mit wenig Sozialhilfeempfängern würden sich dann also an den Kosten der Gemeinden mit sehr vielen Sozialhilfeempfängern beteiligen.

Dieses Modell existiert bereits im Kanton Bern. Für Gemeinden wie Aarburg hätte es zwar massive Vorteile, es dürfte aber gerade bei der Partei von Martina Bircher auf klare Ablehnung stossen. Auch Cornelia Breitschmid vom Kantonalen Sozialdienst betont: Bereits heute beteilige sich der Kanton an den Kosten. «Aarburg erhält mehr als nur ein Sackgeld als Zuschuss für die Sozialhilfekosten.» Bis zu 50 Prozent würden vom Kanton aktuell übernommen.

So oder so: Die Gemeinderätin aus Aarburg hat eine neue Diskussion angestossen. Ihre Überlegungen und Forderungen gehen über die übliche Asyldebatte hinaus. Es geht nicht mehr darum, wer die Asylsuchenden aufnehmen soll. Es geht darum, wer sich um die ehemaligen Asylsuchenden kümmert, die durch die Maschen der Gesellschaft fallen.

Stimmen die Zahlen?

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Die Statistik aus Aarburg stimmt sicherlich nicht bis ins Detail: Verrechnet werden die Zahlen der Asylgesuche mit den Zahlen in der Sozialhilfestatistik. Allerdings: Einige Asylgesuche (z.B. aus Tunesien und Marokko) wurden sicher abgelehnt, diese Menschen haben keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Sie beziehen deshalb auch keine Sozialhilfe.

Es braucht Integration!

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Der Kantonale Sozialdienst bestätigt: Es bestehe Handlungsbedarf, weil zu viele ehemalige Asylsuchende in der Sozialhilfe landen, so Leiterin Cornelia Breitschmid gegenüber SRF. Der Kanton unterstütze die Gemeinden mit Integrationsprogrammen und Ausgleichszahlungen für Sozialhilfe. Eine Neuregelung der Finanzierung sei Sache der Bundespolitik.

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