Die Hauptsaison der Gemüsebauern ist der Sommer, so auch für Bauer Viktor Müller. Auf 55 Hektaren wirtschaftet er in Niederbuchsiten, den Hof hat er vor 16 Jahren von seinem Vater übernommen. Pro Jahr verkauft Müller über 3 Millionen Salatköpfe.
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Man müsse als Gemüsebauer das Düngern und Bewässern gut einstellen. Auch die Bewirtschaftung des Bodens müsse stimmen. Sonst gäbe es keine passenden Produkte, ist der Landwirt überzeugt. Für ihn ist klar: Nicht zu viel Dünger ausbringen. Aber ohne Dünger, das gehe nicht, sagt er gegenüber SRF.
Das Problem: In der Region Gäu-Olten sind die Nitratwerte zu hoch. Düngern verschlimmert die Situation. Seit Jahren gibt es das Nitratprojekt Gäu-Olten. Kanton, Bund und Bauern schauen gemeinsam, wie weniger Nitrat in den Boden gelangen kann.
Mögliche Gegenmassnahmen: Die Bauern der Region lassen die Felder im Winter nicht mehr unbepflanzt, sondern säen so genannte Bodenbedecker. So kann im Winter weniger Regen in den Boden eindringen und damit wird weniger Nitrat ins Grundwasser geschwemmt. Diese Massnahme bedeutet für sie Mehraufwand. Dafür erhalten sie Geld vom Bund und von den lokalen Wasserversorgern.
Verschärfung des Nitrat-Projekts
Aber die bisherigen Massnahmen im Rahmen des Nitratprojekts reichen nicht. Im November 2015 stellte die Nitratkommission Gäu-Olten weitere Massnahmen vor. Sie zog die Schraube insofern an, als dass sie sagte, dass auch die intensiv wirtschaftenden Gemüsebauern mehr gegen die Nitratproblematik unternehmen müssten.
Der Vorschlag der Gemüsebauern: Produktionsflächen stilllegen, Gras pflanzen statt Gemüse, abwechslungsweise. Damit gehen ihnen aber Einnahmen verloren. Im Fall des Landwirts Müller aus Niederbuchsiten 28'000 Franken pro Hektare und Jahr. Es bräuchte also eine Entschädigung des Bundes.
Absage des Bundes: Der Bund will aber keine Entschädigung ausrichten für stillgelegte Gemüsefelder. Der abschlägige Bescheid kam kurz vor Weihnachten zur Nitratkommission. Das zeigen Recherchen von Radio SRF.
Ivo Strahm, Spezialist für Nitratprojekte beim Bundesamt für Landwirtschaft, findet, Entschädigungszahlungen seien keine dauerhafte Lösung. Er möchte lieber Landumlegungen organisieren, also dass Gemüsebauern nicht mehr im Nitratgebiet Gäu-Olten produzieren, sondern ausserhalb. Nämlich dort, wo das Grundwasser nicht aus Regen entsteht, sondern durch Flusswasser.
Land abtauschen und forschen
Die frei werdenden Gemüsefelder im Nitratgebiet Gäu-Olten könnten dann durch normale Ackerbauern übernommen werden. Deren Produktionsweise braucht viel weniger Dünger als der Anbau von Gemüse.
Das wiederum begeistert die Bauern nicht. Acker- wie auch Gemüsebauern hätten längere Wege, um zu ihren Feldern zu gelangen.
Das andere Problem seien die fehlenden Bewässerungsanlagen, die er auf normalem Ackerland für die Gemüseproduktion zuerst installieren müsste, sagt Viktor Müller im Gespräch mit SRF.
Es gibt noch viele andere Dinge zu beachten bei Landumlegungen. So hat Viktor Müller auf seinen Feldern momentan kaum Schäden durch Wild. Keine Rehe, die ihm den Salat wegfressen, keine Wildschweine, die seine Kartoffelfelder umpflügen. In anderen Regionen, so Müller, seien die Schäden durch Wild zum Teil massiv. Er habe keine Lust, dort zu wirtschaften.
Das Bundesamt für Landwirtschaft hat noch weitere Pläne. Neben den Landumlegungen schlägt es vor, neue Produktionsweise und neue Gemüsesorten auszuprobieren, die weniger Dünger benötigen würden.
Bei Gemüsebauer Viktor Müller kommen diese Ideen nicht sehr gut an. Sie würden drauf hinauslaufen, «bodenunabhängig» zu produzieren. Das Stich- und manchmal auch Reizwort hier: Hors sol. Laut Müller würde das bedeuten: Produktion fast nur noch in Gewächsshäusern. Und das würde die Produktion um ein Vielfaches verteuern.
Kommission setzt weiter auf Dialog
Die Absage des Bundes ist ein Dämpfer für die Gemüsebauern und das Nitratprojekt Gäu-Olten als solches. Projektleiter und Präsident der Nitratkommission Rainer Hug ist enttäuscht. «Es wäre eine Lösung gewesen, die man sofort hätte umsetzen können. Sofort wäre die Nitratauswaschung reduziert worden.»
Er will jetzt noch einmal das Gespräch suchen mit dem Bund. Hug hofft, dass es vielleicht doch noch Geld gibt. Nicht für alle Ewigkeiten, sondern für ein paar Jahre. In dieser Zeit könnte man dann die Landumlegungen aufgleisen.
Eine Sofortlösung fasst Rainer Hug sicher nicht ins Auge. Rechtlich gesehen wäre es möglich, den Bauern den Gemüseanbau schlicht und einfach zu verbieten. Handhabe dazu wäre eine so genannte «Verfügung». Aber damit würde sehr viel Geschirr zerschlagen, sagt Hug.
Er sieht die Gemüsebauern als Partner. Man brauche sie, um Lösungen wie Landumlegungen oder neue Produktionsmethoden zu diskutieren. «Wenn wir mit Verfügungen dreinschiessen, dann werden die Fronten verhärtet. Und das dient weder uns, noch dem Gemüsebau und vor allem nicht dem Trinkwasser.»