Seit Jahren schreibt der Kanton Aargau immer schwarze Zahlen. Auch für 2014 war eigentlich ein kleiner Überschuss von 8,2 Millionen Franken vorgesehen. Doch es kam anders: Zum ersten Mal seit elf Jahren schreibt der Kanton ein Defizit: 65,5 Millionen Franken fehlen in der Kasse.
Das sei ein «unbefriedigendes Rechnungsergebnis», so Finanzdirektor Roland Brogli am Freitag vor den Medien.
Die wichtigsten Zahlen in Kürze
- Jahresrechnung 2014 weist ein Defizit von 65,5 Millionen Franken aus
- Es fehlen 52 Millionen Franken von der Nationalbank
- In der Rechnung enthalten sind aber bereits 80 Millionen Franken aus einem «Not-Kässeli»
- Die Regierung spricht deshalb von einem «strukturellen Defizit»
- Die Steuereinnahmen von Firmen liegen 27,5 Millionen Franken unter Budget
- Finanzdirektor Roland Brogli sagt: Auch Steuererhöhungen seien «kein Tabu»
Hauptgrund für das hohe Defizit seien 52 Millionen Franken von der Schweizerischen Nationalbank, erklärte der Finanzdirektor weiter. Diese 52 Millionen sind zwar im Budget 2014 vorgesehen, wurden nun aber nicht ausbezahlt.
Düstere Aussichten: Mehr Kosten als Einnahmen
Doch die Nationalbank ist nicht die einzige Schuldige: Das Rechnungsergebnis zeigt auch, dass der Kanton mehr ausgibt, als er einnimmt. Denn: In diesem Defizit bereits eingerechnet sind 80 Millionen Franken, die man aus der sogenannten «Ausgleichsreserve» entnommen hat. Eine Art «Notkässeli» für schwierige Zeiten also. Ohne diesen «Trick» läge das Defizit bei über 145 Millionen Franken.
Vor allem die Spitalfinanzierung koste immer mehr, hiess es an der Medienkonferenz am Freitag. Auch sonst würden die Globalbudgets der Verwaltung immer weniger unterschritten: Was budgetiert ist, wird also auch ausgegeben. Das heisst laut Finanzdirektor Roland Brogli: «Der finanzielle Handlungsspielraum wird immer enger». Der Aargau habe bereits ein «strukturelles Defizit».
Der Kanton Aargau hat ein strukturelles Defizit.
Viele Ausgaben könne der Kanton gar nicht oder kaum beeinflussen, betont Finanzdirektor Brogli: Sozialleistungen, Kosten in der Bildung, Spitalkosten, Kosten für die Jugendanwaltschaft, die immer mehr Arbeit hat.
Die Regierung sieht sich durch diese Zahlen in ihrem Sparkurs bestätigt. Durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses werde es für die Wirtschaft und die Arbeitsplätze im Kanton noch schwieriger. Und das heisst auch: Es werden weniger Steuern sprudeln. Das sei eine «grosse Herausforderung» für die finanzpolitische Stabilität im Kanton.
Weniger Steuern von Firmen
Bereits in der Rechnung 2014 bereiten die Steuereinnahmen der Finanzverwaltung Kopfzerbrechen: Die juristischen Personen (also Firmen) haben zwar mehr Geld in die Staatskasse gespült (knapp 400 Millionen Franken). Der Ertrag blieb aber 27,5 Millionen Franken unter dem budgetierten Wert.
Immerhin: Die natürlichen Personen haben 6,5 Millionen mehr bezahlt als budgetiert. Insgesamt kamen von Privatpersonen 1,652 Milliarden in die Kantonskasse.
Streit um Steuern ist programmiert
Die Aargauer Regierung warnt bereits: Sie werde die Situation nun «laufend beobachten» und «bei Bedarf die nötigen Anstrengungen» unternehmen, wie es in einer Mitteilung heisst. Bereits heute sei klar, dass die kommenden Jahre «im Zeichen der Zurückhaltung, Optimierung und konsequenten Priorisierung der Aufgaben und Ausgaben» stehen werden.
Das heisst konkret: Die Aargauer Regierung will auf die Sparbremse stehen. Und das heisst auch: Die politischen Diskussionen werden noch lauter werden. Schon jetzt wehrt sich die Linke gegen weitere Sparmassnahmen und verlangt, dass frühere Steuersenkungen rückgängig gemacht werden.
Auch Steuererhöhungen sind kein Tabu.
Finanzdirektor Roland Brogli signalisiert im Interview mit Radio SRF Diskussionsbereitschaft in dieser Frage. «Wenn alle Stricke reissen, dann dürfen auch Steuererhöhungen kein Tabu mehr sein», erklärt der CVP-Regierungsrat.
Das Stimmvolk muss am 8. März bereits über eine erste Tranche von Spar- und Optimierungsmassnahmen abstimmen. Diese Jahresrechnung wird den Abstimmungskampf nun noch befeuern.