Der Tierarzt muss Fido einschläfern. Der Jäger findet ein totes Reh im Wald. Auf dem Bauernhof wird ein Kalb tot geboren. Ein Storch liegt auf einer Wiese. Wohin mit den toten Tieren? Der Fall ist klar, sie kommen in einen Container in der kommunalen Tierkörpersammelstelle.
In Baden befindet sich die Sammelstelle im Industrie- und Gewerbegebiet in Dättwil.
Im Kühlraum stehen sechs Container aus Chromstahl. Jeden Tag kontrolliert Fabian Trottmann vom städtischen Werkhof den Inhalt und reinigt die Anlage.
«Wir haben alles hier: vom angefahrenen Wild über den toten Koi-Fisch bis zur Hauskatze», sagt Trottmann. Die Sammelstelle ist 24 Stunden pro Tag geöffnet an 365 Tagen im Jahr. Bei unserem Besuch liefert ein Bauer ein totes Kalb an, auf seinem Pickup.
Das Kalb ist im Alter von acht Wochen an einem Magendurchbruch gestorben. Vom Pickup wird es auf eine Hebebühne gezogen und von dort in einen Container gekippt.
Einmal pro Woche transportiert ein Lastwagen die Tierkörper ab. Dann muss Fabian Trottmann die Container reinigen. Dazu trägt er Vollschutz, also ein Überkleid und eine Gesichtsmaske. «Es ist einerseits gegen den Gestank», sagt der gelernte Landschaftsgärtner. «Aber wir müssen uns auch schützen gegen allfällige Wasserspritzer in den Mund. Man weiss ja nicht, welche Keime die Tiere in sich trugen.»
Gleich wie in Baden ist die Entsorgung von Tierkörpern in der ganzen Schweiz geregelt. Es ist nur unter strengen Bedingungen erlaubt, Tiere auf der Weide oder im Garten zu vergraben (zum Beispiel nur Tiere bis maximal 10 Kilogramm Gewicht, mindestens 1,2 Meter unter dem Boden, nicht in der Nähe von Quellen oder in Wasserschutzgebieten etc).
Tiere bis 200 kg Gewicht nehmen die Sammelstellen an. Schwerere Tiere werden von Spezialfirmen direkt entsorgt.
Die Tierkörper aus der Sammelstelle in Baden-Dättwil landen am Schluss im GZM Extraktionswerk AG in Lyss. Die Tochterfirma der Centravo verwertet für den westlichen Teil der Schweiz alle Tierkadaver oder Schlachtabfälle, die nicht für die Weiterverwendung als Tierfutter geeignet sind. Die GZM-Lastwagen entleeren nach ihrer Sammeltour den Inhalt in einen Schredder.
Ca. 8 Tonnen Fleisch und Knochen verwandeln sich inner kürzester Zeit in einen Brei. Im Kontrollraum der GZM werden alle Prozesse überwacht.
Der wichtigste Teil des Verarbeitungsprozesses ist die Sterilisation. Das geschieht in riesigen Dampfkochtöpfen. Die Masse wird unter grossem Druck auf 135 Grad erwärmt. Dadurch werden garantiert alle Bakterien und Keime abgetötet. «Das Material, das bei uns ankommt, kann Seuchenmaterial sein, es kann infektiös sein. Wir wissen es nicht. Aus Sicherheitsgründen wird alles sterilisiert», erklärt Georg Herriger, Mediensprecher der GZM Extraktionswerk AG.
Die sterilisierte Fleischmasse wird anschliessend getrocknet. Dabei entsteht sehr viel Wasser, das nach der Reinigung in die alte Aare fliesst. Die getrocknete Masse kommt in eine Presse. Georg Herriger (l.) und René Burri, Geschäftsführer der GZM AG, sind stolz auf die Endprodukte, die dabei entstehen.
Die Presse drückt das Fett aus der Masse. Aus diesem Fett produziert eine Partnerfirma Biodiesel. 12'000 Tonnen sind es pro Jahr.
Die ausgespresste Masse ist trocken und bröckelig: es ist Tiermehl. Dieses wird von Zementwerken als Brennmaterial für ihre Öfen gebraucht. «Bei uns wird alles rezykliert. Es kommen nur super ökologische Produkte raus», sagt GZM-Sprecher Georg Herriger. Das tote Kalb aus Baden endet also als Wasser in der Aare, als Biodiesel im Tank oder als Brennstoff bei der Jura Cement.