Die Ausgangslage: Von Fäkalien aus der Toilette über Seifen-Rückstände aus der Dusche bis zu Speiseresten aus der Küche – in der Kläranlage im solothurnischen Zuchwil werden alle möglichen Fremdstoffe aus dem Wasser gefiltert und das Wasser dadurch wieder sauber – sofern es denn überhaupt dreckig ist.
Gewaltige Wasserfluten: Untersuchungen des Abwasserverbandes Solothurn-Emme zeigen nämlich, dass 75 Prozent der Wassermenge, die in der Kläranlage ankommt, eigentlich schon sauber ist. Das entspricht rund 48'000 Kubikmetern Sauberwasser pro Tag, bei nur 16'000 Kubikmetern Dreckwasser.
Problem Fremdwasser: Die Fachleute sprechen von Fremdwasser, von Wasser also, das in den Abwasserleitungen eigentlich nichts zu suchen hat, da es ja sauber ist. Um die 30 bis 40 Prozent Fremdwasser seien in einer Kläranlage durchaus normal, erklärt der Geschäftsleiter der Abwasserregion Solothurn-Emme, Markus Juchli. Dieser Anteil Fremdwasser sei zum Beispiel auf Regen oder Dachwasser zurückzuführen.
Verschwendung von Wasser: Ein Anteil von 75 Prozent Fremdwasser, wie in Zuchwil, sei aber weder normal noch gut, sagt Juchli gegenüber SRF: «Der hohe Anteil ist ein Problem. Einerseits wegen der Wasserverschwendung, andererseits wegen der Kosten, welche die unnötige Reinigung verursacht.»
Schwierige Lösung: An seiner letzten Delegiertenversammlung hat der Abwasserverband nun ein klares Ziel formuliert: Die Fremdwassermenge soll bis 2030 um 40 Prozent reduziert werden. Es sei unnötig und teuer, Wasser zu reinigen, das bereits sauber ist. Ausserdem sei es eine Verschwendung von Wasser, wenn sauberes Grundwasser im Abwassernetz mit Dreckwasser verschmutzt wird. «In Zeiten von Klimawandel und Wasserknappheit wird Wasser auch bei uns in der Region zum raren Gut», betont Markus Juchli. Man müsse hier also rechtzeitig Massnahmen ergreifen, auch wenn diese nicht ganz einfach seien.
Grundwasser drückt: Das Problem mit dem Fremdwasser zu lösen, ist aus mehreren Gründen kompliziert. Einerseits sei die Region quasi prädestiniert für viel Fremdwasser, erläutert Juchli. Es gebe hier grosse Grundwassvorkommen in geringer Tiefe, weshalb in viele Leitungen Grundwasser eindringen könne oder Grundwasser werde sogar durch Ableitungen extra in die Kanalisation geführt.
Viele Player: Neben dieser geografischen Besonderheit erschwert ein zweiter Punkt die Lösung des Problems. Der Abwasserverband besteht aus 39 Gemeinden. Letzlich sind diese für die Qualität eines Grossteils des Leitungsnetzes zuständig. Mit 39 Gemeinden ein gemeinsames Vorgehen zu finden inklusive daraus resultierender Kosten, sei aber nicht einfach. Und auch bei einem dritten Punkt dürften die Kosten eine grosse Rolle spielen.
Problem Hausanschlüsse: Als drittes Hindernis nennt Markus Juchli nämlich die privaten Hausanschlüsse. Der Geschäftsleiter des Abwasserverbandes vermutet, dass hier besonders viel Fremdwasser eindringt, dass sich hier also besonders viel Sanierungsbedarf zeigen könnte. Hauseigentümer zu Kontrolle und allenfalls zu einer Sanierung ihrer Hausanschlüsse zu zwingen, sei aber schwierig und dürfte auch die Gemeinden noch beschäftigen.
Messen und handeln: Trotz aller Hindernisse packt der Abwasserverband das Thema nun an. In Zusammenarbeit mit acht Pilotgemeinden erstellt der Verband ein regionales Messstellennetz. Die neuen Messungen sollen Aufschluss darüber geben, wo besonders viel Fremdwasser anfällt. Und daraus lassen sich dann weitere Massnahmen ableiten.