Zum ersten Mal fand der Schweizerische Lateintag nicht in Brugg-Windisch im Umfeld des einzigen römischen Legionslagers der Schweiz statt, sondern beim ehemaligen Kloster Wettingen. In der früheren Zisterzienserabtei ist heute die Kantonsschule Wettingen untergebracht. Die historischen Mauern liefern den passenden Rahmen – und auch Programm – für den Lateintag, der unter dem Motto «Ora et labora» – arbeite und bete – stand.
Im Kloster finden sich zahlreiche Spuren der lateinischen Sprache, der Sprache der alten Römer und lange Zeit auch der katholischen Kirche. Auf einer Führung durch die Klosterkirche, die am Lateintag angeboten wurde, präsentiert Historiker Kurt Gasser auch ein Rätsel, für dessen Lösung Latein-Kenntnisse nötig sind.
Aus einer Inschrift auf dem Weg zum Altar, lässt sich mittels Addition der römischen Zahlen ein wichtiger Zeitpunkt für das Kloster herauslesen. Die Lösung: Im Jahr 1754 leitete der damalige Abt Peter Kälin die ganze Barockisierung der Kirche ein. Neben der Führung durch das Kloster gab es am Lateintag 2018 zahlreiche weitere Veranstaltungen rund um Latein und das alte Rom.
Unter anderem präsentierte die Legio X eine Darbietung alter römischer Kampfkunst. Die als Legionäre verkleideten Schauspieler präsentierten dabei sowohl Uniform und Gerätschaften, als auch Kampftechniken, welche die Römer im Kampf angewendet haben.
Die 25 Veranstaltungen am Lateintag stiessen auf reges Interesse. Rund 600 Besucherinnen und Besucher waren laut den Organisatoren mit dabei. Darunter gab es auffallend viele Jugendliche, aktuelle oder ehemalige LateinschülerInnen aus verschiedenen Kantonsschulen.
Das Programm richte sich nicht nur an Fachleute, betonen die Organisatoren. Man wolle auch Leuten ohne Latein-Vorkenntnisse Einblicke in die lateinische Sprache und die Kultur der Antike geben. Dazu gab es unter anderem auch einen Workshop, der die Parallelen zwischen dem Rom der Antike und der Neuzeit aufzeigen sollten.
Latein-Studentin Anina Föhn schilderte anhand des Textes eines römischen Satirikers, dass es schon vor rund 2000 Jahren grossstädtische Probleme gab, mit Verkehrslärm, Littering oder Gewalttaten.
Der Lateintag hat seine Wurzeln im Kanton Aargau. Vor gut zehn Jahren fand sich ein Grüpppchen Lateinbegeisterter aus dem Aargau zusammen und begann mit der Planung des ersten Lateintages. Mittlerweile fand der Anlass zum sechsten Mal statt.
Iris Karahusic ist Präsidentin des Trägervereines des Lateintages. Sie ist selber Lateinlehrerin und möchte mit der Veranstaltung dazu beitragen, dass man Latein so wahrnimmt, wie sie und ihre MitstreiterInnen es sehen: Als Fundament der westlichen Kultur und Grundlage der romanischen Sprachen.
Mit Lateinkenntnissen könne man auch heute noch viel anfangen, ist Karahusic überzeugt. Und diese Überzeugung teilen viele Besucherinnen und Besucher des Lateintags. Nicht nur erleichtere Latein das Erlernen anderer (Schweizer) Sprachen wie Französisch oder Italienisch. Latein trage auch dazu bei, die Schweiz (und den Kanton Aargau) besser zu verstehen.