Verspottet, ausgelacht, ausgestossen. Dass Kinder und Jugendliche auf dem Pausenplatz oder im Schulzimmer gemobbt werden, ist nicht neu. Doch wer früher in der Schule gemobbt wurde, konnte wenigstens zu Hause oder bei seinem Hobby wieder seine Ruhe haben. Im Zeitalter der sozialen Medien gibt es aber keine Räume mehr, die verschont bleiben. Via Handy, Tablet oder Computer nimmt ein Opfer Cybermobbing überall mit. Auch nach Hause, auch ins Kinderzimmer.
Kantonspolizei Solothurn: Kurse gegen Cybermobbing
Seit drei Jahren führt die Kantonspolizei Solothurn an den Schulen im Kanton Kurse durch, um Cybermobbing zu verhindern. Für Marcel Dubach, Chef der Jugendpolizei, ist die wichtigste Botschaft im Zusammenhang mit Cybermobbing: «Nacktfotos zu verschicken ist immer ein absolutes No Go.» Das gelte sowohl für Mädchen wie auch für Jungen, unabhängig vom Alter. Wenn solche Fotos in sozialen Netzwerken landen, könne sich eine Eigendynamik entwickeln, welche nicht mehr zu kontrollieren sei, sagt Dubach.
Cybermobbing ist an sich kein Straftatbestand. Wenn es zur Anzeige kommt, dann wegen übler Nachrede, Beschimpfung, Drohung oder ähnlicher Delikte. Dabei ist es strafrechtlich nicht erheblich, ob die Straftat auf dem Pausenplatz oder via soziale Medien geschehen ist. Allerdings: «Der emotionale Schaden, den ein Mädchen oder ein Junge als Mobbingopfer erleidet, ist unverhältnismässig grösser, als es die Strafe gegen den Täter im strafrechtlichen Sinne ist», sagt Marcel Dubach.
Kantonspolizei Aargau: «Cybermobbing nimmt zu»
Auch für die Kantonspolizei Aargau ist Cybermobbing ein Thema. Weil es aber den Straftatbestand «Cybermobbing» als solchen nicht gibt, habe man auch keine exakten Zahlen dazu, sagt Barbara Breitschmid, Mediensprecherin des Kantons Aargau. «Die Nutzung der sozialen Netzwerke nimmt zu, dies lässt darauf schliessen, dass auch Cybermobbing zunimmt.»
SRF News: Wie fängt Cybermobbing eigentlich an?
Ines Bodmer: Es fängt ähnlich an wie traditionelles Mobbing, eigentlich ist es eine Fortsetzung des traditionellen Mobbings. Reines Cybermobbing gibt es eigentlich fast nicht. Das Traditionelle ist eben das Offlinemobbing, das aber jetzt auf den weit verbreiteten digitalen Medien fortgesetzt wird.
Gibt es denn ein typisches Opfer des Cybermobbings?
Das gibt es nicht wirklich. Häufig wird es an Äusserlichkeiten festgemacht. Aber man weiss auch, dass es eigentlich gar nicht um Äusserlichkeiten geht wie z. B. um Übergewicht oder um eine Brille. Zu meiner Zeit war es noch die Zahnspange. Man macht es an diesen Dingen fest, aber eigentlich ist das nicht wirklich relevant. Was man weiss, ist, dass ein Schulwechsel ein Risiko sein kann, wenn man neu in einen Verbund kommt, wo die Beziehungen schon existieren und wo man sich neue Freunde suchen muss. Nicht so gut vernetzt sein, nicht so viele Freunde haben, vielleicht etwas eigen sein, spezielle Interessen haben, das ist vielleicht ein gewisses Risiko.
Wie kann man sich denn vor Cybermobbing schützen?
Was ich immer mache, grundsätzlich in meinen Präventionsveranstaltungen, ist, dass ich den Jugendlichen, aber natürlich auch den Erwachsenen den Rat mit auf den Weg gebe: Tragt eure Konflikte Face to Face aus, tragt sie in der realen Welt aus und nicht in den digitalen Medien.
Was können die Eltern machen?
Sie können ein gutes Vorbild sein. Mobbing ist eine Form von Gewalt mit den neuen Medien. Selber einen gewaltfreien Umgang pflegen, selber einen gewaltfreien Erziehungsstil pflegen, für ein gutes Familienklima sorgen, wertschätzend sein, das ist enorm wichtig. Also nicht auf Entwertungen aus sein, nur konkrete Dinge kritisieren, aber nicht das ganze Kind entwerten.
Wenn Eltern einen Verdacht haben, wenn ihr Kind schon einmal ausgegrenzt worden ist auf dem Pausenplatz, dann müssen die Eltern daran denken, dass das weitergehen kann in den digitlalen Medien. Dort geschieht es dann im Verborgenenen und nicht auf einem Pausenplatz, wo eine aufmerksame Lehrperson noch etwas mitbekommt. Man muss auch beobachten, ob sich das Verhalten eines Kinder ändert. Dann muss man das Kind ansprechen darauf. Verdachtsmomente sind, wenn sich das Kind zurückzieht oder wenn es in der Schule mit den Leistungen abfällt.
Das Gespräch führte Ralph Heiniger