Bauern müssen sich immer wieder neu erfinden. Nur auf dem Hof arbeiten, Felder bewirtschaften oder Tiere betreuen wie vor 50 Jahren, reicht heute nicht mehr. Es braucht innovative Modelle. Auf dem Mooshof in Lenzburg setzt man seit zwei Jahren unter anderem auf «solidarische Landwirtschaft».
«Die Idee der solidarischen Landwirtschaft stammt aus Deutschland und der Westschweiz», erzählt Marion Sonderegger. Sie führt zusammen mit ihrem Mann den Mooshof. Speziell an der solidarischen Landwirtschaft ist die Beziehung zwischen den Bauern und den Kunden, die die Produkte des Hofes kaufen. Bei der solidarischen Landwirtschaft können die Kunden auf dem Bauernhof mithelfen – aber auch mitreden.
Dazu wurde der Verein «Solidarische Landwirtschaft Lenzburg» gegründet. Aktuell hat er rund 50 Mitglieder, sagt Vereinspräsidentin Marie-Laure Mottier (links, rechts Landwirtin Marion Sonderegger). Wie solidarische Landwirtschaft funktioniert, erklärt Mottier am Beispiel Rapsöl. Das ist eines der Produkte, die die Vereinsmitglieder vom Mooshof beziehen können.
Die Mitglieder kaufen nicht das Öl selbst, sie erwerben einen Flächenanteil am Feld. Zuerst wird aber berechnet, was es überhaupt kostet, ein solches Feld zu bewirtschaften. Die Kosten werden dann auf die einzelnen Flächenanteile verteilt. Am Schluss erhalten die Vereinsmitglieder den Ertrag von ihrem Anteil des Feldes. Das können in einem schlechten Jahr zwei Liter Rapsöl sein, in einem guten Jahr vier Liter.
Die Vereinsmitglieder erhalten so Öl, bei dem sie genau wissen, wie und wo es hergestellt worden ist. Das Modell hat aber auch für die Bauernfamilie auf dem Mooshof einen Vorteil. «Das Risiko einer schlechten Ernte wird so geteilt», erklärt Landwirtin Marion Sonderegger, während sie Brot bäckt. Ein weiterer Vorteil für die Bauern bestehe darin, dass ein Vertrag besteht. Es gibt eine garantierte Abnahme. Bei einem Hofladen gibt es keine solchen Garantien.
Ein weiteres Produkt, das die Vereinsmitglieder vom Bauernhof beziehen können, ist Dinkelbrot. Dieses stellt Marion Sonderegger jeden Dienstag her. Die Brote werden anschliessend von einzelnen Vereinsmitgliedern in der Region Lenzburg mit dem Velo verteilt. Hier gilt: Machen mehr Mitglieder mit, wird das Brot günstiger, machen weniger mit, wird es teurer.
Die Brote sind teurer als im Supermarkt. Vereinspräsidentin Marie-Laure Mottier ist aber überzeugt, dass sich der Aufpreis lohnt: «Im Verein machen Leute mit, denen es wichtig ist, woher ihr Essen kommt. Es ist ein Brot aus der Region, das keine Zusatzstoffe hat und die Arbeit dafür wird fair bezahlt.»
Diese Vorteile würden aber nicht alle sehen. Der Verein habe Mühe, die Leute davon zu überzeugen und weitere Mitglieder zu gewinnen. Dies liege daran, dass es vielen Leuten egal sei, woher ihr Essen kommt. Der Verein habe aber auch zu wenig Werbung gemacht, gibt sich die Vereinspräsidentin kritisch.
Trotz der Startschwierigkeiten sind sich die Vereinspräsidentin und die Landwirtin einig: solidarische Landwirtschaft ist die Zukunft. Bald sollen neben Rapsöl, Dinkel-Brot und Mehl noch weitere Produkte dazukommen.