Die Idee: Sarah Verny, Nikolai Prawdzic und Marcel Grissmer sind jung (zwischen 29 und 35) und wollen die Zukunft aktiv gestalten und optimistisch angehen. Als Theatergruppe «Shift» haben sie dazu nun im Theater Tuchlaube in Aarau Gelegenheit dazu. Die Politik denke in kurzen Zeiträumen und sei auch immer von Zahlen bestimmt, sagen die Leute von «Shift». Sie aber wollen freier denken und in grösseren Zeiträumen.
Dazu laden sie die Bevölkerung zu Workshops ein. Und Seniorinnen und Senioren sollen ihnen ihre Geschichten erzählen. Innerhalb von drei Jahren sollen aus dieser Recherchearbeit drei Produktionen entstehen, in denen es in irgendeiner Form um die Zukunft geht. Auf der Bühne sollen Laien stehen zusammen mit professionellen Schauspielern.
Das Konzept: «Shift» residiert drei Jahre lang in Aarau. Die Gruppe soll innovatives Theater machen unter Beteiligung der Bevölkerung. Das Konzept mit dem Namen Szenotop hat das Aargauer Kuratorium entwickelt. Die Residenz wurde ausgeschrieben und 18 Gruppen aus der ganzen Schweiz haben sich beworben, «Shift» machte das Rennen.
Das Kuratorium zahlt 80'000 Franken pro Jahr. Das Theater Tuchlaube stellt die Infrastruktur und bietet technische und logistische Hilfe. Um alle drei Produktionen finanzieren zu können, müssen die Theaterleute von «Shift» aber selber noch Geld organisieren.
Szenotop in Baden: Die erste Auflage von Szenotop lief in Baden im Theater im Kornhaus (ThiK). 2016 startete dort die Gruppe «Wir & Co.», bestehend aus drei Frauen. Zusammen mit einer Klasse der Kantonsschule Baden wurde das Projekt «Foxfinder» realisiert. Dann brach die Gruppe wegen persönlicher Spannungen auseinander. Das zweite Projekt, «Hidden Tracks» mit einem Chor aus Wettingen, wurde nur noch von einer Person realisiert. Danach wurde Szenotop in Baden abgebrochen.
Die Aufarbeitung: Nadine Tobler, Co-Leiterin des ThiK, ist nach wie vor von Szenotop überzeugt. Das Konzept biete völlig neue Möglichkeiten und man könne damit auch neue Besucherschichten erreichen. Aber als die Spannungen auftraten, sei zu viel Energie in die Konflikte geflossen und deshalb habe man aufhören müssen. Es könne sein, dass die junge Theatergruppe überfordert gewesen sei. Denn die Ansprüche seien hoch gewesen.
Die Kritik: Eva Maria Welter war bei Szenotop in Baden dabei. Auch sie ist begeistert von den Möglichkeiten, die dieses Konzept bietet. In Baden sei es aber aus verschiedenen Gründen nicht gut gelaufen. Persönliche Spannungen könnten immer auftreten, wenn Menschen zusammenarbeiten, sagt die Theaterfrau.
Dass es Druck gegeben hat, höre ich zum ersten Mal.
Ein Grund für das Zerwürfnis könne sein, dass sie sich nicht gut genug gekannt hätten. Die Erwartungen bei Szenotop seien hoch gewesen, deshalb hätten sie sich vielleicht zu stark selber unter Druck gesetzt. So hätten sie die Vorgabe gehabt, eine Produktion zu realisieren, die auf Tour gehen könne. Wenn man aber stark mit der lokalen Bevölkerung arbeiten wolle, sei das schwierig.
Die Lehren: Bei der Auswahl der Gruppe für Szenotop 2 habe man stärker auf die personelle Zusammensetzung geachtet. Das sagt Madelaine Passerini vom Aargauer Kuratorium. Man hoffe, dass die Gruppe «Shift» drei Jahre lang stabil sei. Muss man Druck wegnehmen von der jungen Theatergruppe, die Erwartungen etwas tiefer hängen? «Dass es Druck gegeben hat, höre ich zum ersten Mal. Dazu kann ich nichts sagen.» Und die Vorgaben, dass die Produktion auf Tour gehen müsse? «Szenotop in Baden ging ja auf Tournee, das halt also funktioniert.»