Irma Jordi erinnert sich fast an jede Minute an diesem Samstag, 8. Juli: Tagsüber ist sie mit dem Velo unterwegs, geniesst den sonnigen Sommertag. Doch am Abend kommt ein Gewitter auf - es regnet und hagelt.
«Wir hatten daheim Wasser im Keller, versuchten gerade eine Misere zu verhindern, da kam das Telefon aus dem Blumenheim», erinnert sich die Leiterin des Alterszentrums mit knapp 40 Bewohnerinnen und Bewohnern. Mit dem Velo ist sie dann «durch eine Personenunterführung geschwommen» zum Alterszentrum in der Nähe der Altstadt.
Im Alterszentrum hatten sich Angestellte und Bewohner im ersten Stock in Sicherheit gebracht. Weil der Strom ausgefallen war und der Lift nicht mehr funktionierte, mussten die zum Teil gehbehinderten Menschen inklusive Rollstuhl die Treppe hochgetragen werden. «Die Mitarbeitenden haben einen riesigen Einsatz geleistet», lobt Irma Jordi.
Der Schaden im Alterszentrum war enorm: Im Keller hatten die Wassermassen die Waschmaschinen und Tumbler aus ihren Verankerungen gerissen. Auch die dicken Türen zu den gekühlten Vorratskammern waren eingedrückt.
«Unglaublich, welche Kraft das Wasser hatte», sagt Jordi. Und sie ist froh, dass niemand im Keller war, als das Wasser kam. «Das wäre der sichere Tod gewesen». Über einen Meter hoch stand das Wasser im Keller. Nachdem es abgelaufen war, blieben Schlamm und Schutt übrig.
Freiwillige und Angestellte räumten tagelang auf. Am Dienstag schickte die Versicherung zusätzlich einen professionellen Räumungstrupp. Nach 10 Tagen fragte eine Angestellte: «Jetzt haben wir das Gröbste überstanden, oder?»
Doch Irma Jordi sagt auch sechs Monate später: «Es ist noch nicht vorbei.» Erst kürzlich wurde die Stromverteilung neu gemacht. Der alte Verteilkasten war nicht mehr zu retten, monatelang war die Stromversorgung nur provisorisch sichergestellt.
Eine neue Heizung wurde installiert. Jetzt muss die Brandschutzanlage noch erneuert werden, weil sie mit der neuen Heizung nicht mehr kompatibel ist.
Noch immer beheben Handwerker letzte Mängel. Noch immer haben die Angestellten keine neuen Arbeitskleider. «Die letzten Wochen in diesem Jahr waren wieder sehr anstrengend», bilanziert Irma Jordi.
Sie habe nach dem Unwetter mit einem Schaden von einer knappen halben Million gerechnet. Inzwischen weiss sie: «Es wird weit über eine Million sein.» Die Versicherung kann aber erst abrechnen, wenn alle Folgeschäden behoben sind.
Der neue Computerserver ist zwar wieder im Keller gelagert, man habe ihn aber «etwas höher montiert». Ansonsten glaubt Irma Jordi nicht, dass man die negativen Folgen eines solchen Unwetters wirklich mindern könne. «Es war ein Jahrhundert-Ereignis, dem muss man sich bewusst sein.»
Eine «chinesische Mauer» um das ganze Alterszentrum wäre die einzige wirksame Massnahme gegen Hochwasser, witzelt Jordi. Immerhin habe sie gelernt, dass man in Ausnahmesituationen reagieren könne, funktioniere. «Man darf sich nicht über jedes Detail aufregen.»
Was bleibt? Die Erfahrung, dass das kleine Team des Alterszentrums in der Not gemeinsam anpackt. Aber auch ein mulmiges Gefühl bei Angestellten und Bewohnern.
«Wenn es stark regnet, dann hoffen wir hier alle, dass nicht wieder etwas passiert», sagt Irma Jordi. Die Spuren des Unwetters im Haus sind zwar bald beseitigt - die Spuren bei den Menschen in der Region Zofingen bleiben aber wohl länger.