Das Wichtigste in Kürze
- Priester Stefan Küng hat seine Kandidatur als Pfarrer von Riehen (BS) zurückgezogen.
- Zuvor waren Einzelheiten aus einer Verurteilung im Jahr 2012 bekanntgeworden. Demnach hat der Seelsorger einen Jugendlichen geküsst, gestreichelt und seine Füsse massiert.
- Die Pfarrwahlkommission von Riehen unterstützte Küngs Kandidatur bis zum Schluss – und bedauert jetzt seinen Rückzug.
Stefan Küng sollte Anfang Februar in Riehen (BS) zum Pfarrer gewählt werden. Jetzt hat er überraschend seine Kandidatur zurückgezogen. Die Meldung der Pfarrwahlkommission kam am Dienstagabend. Darin heisst es, die psychische Belastung habe für den Geistlichen ein Ausmass angenommen, «welches ohne Inkaufnahme einer gesundheitlichen Schädigung nicht mehr verkraftbar ist». Der Rückzug sei sehr bedauerlich, schreibt die Kommission.
Brustwarzen gestreichelt
Auf Fragen zu seinem plötzlichen Rückzieher reagiert der Priester nicht. Der katholische Geistliche war 2012 wegen sexuellen Handlungen mit einem Jugendlichen zu einer bedingten Geldstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte damals einem fast 16-Jährigen die Füsse massiert. In den letzten Tagen wurde bekannt, dass Küng dem Jugendlichen nicht nur die Füsse massiert hatte.
Aus dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Thurgau, welcher der «Rundschau»-Redaktion vorliegt, geht hervor: Küng hat mit einer Hand unter das T-Shirt des Jugendlichen gegriffen, dessen Brustwarzen gestreichelt und ihn auf den Hals geküsst.
«Er sieht sich als Opfer»
Bernhard Hegner sammelte in den vergangenen Monaten Unterschriften gegen Küngs Kandidatur. Der pensionierte Psychiater aus Riehen ist schockiert über den Inhalt des Strafbefehls und sieht sich bestätigt. «Küng kann sich nicht glaubwürdig von dem distanzieren, was passiert ist», sagt er. «Im Gegenteil, er stellt sich heute als Opfer dar. Das ist unglaubwürdig.»
Hegner ist erleichtert, dass nun Küng seine Kandidatur zurückgezogen hat. «Der Rücktritt von Küng kam für mich nicht überraschend», sagt der Psychiater. «Küng hat ein Lügengebilde aufgebaut, in ihm hat es gemodert, das konnte er kaum durchhalten.» Ein Triumphgefühl verspüre er aber nicht. Hegner empfiehlt dem Pfarrer, eine Therapie zu machen. Hansruedi Huber, Sprecher des Bischofs von Basel, sagt, mit dem Rückzug der Kandidatur habe er nicht gerechnet.
«Ich bete für ihn»
Es gab viele Kirchgänger, die Küngs Kandidatur unterstützten. Auch der Inhalt des Strafbefehls machte wenig Eindruck auf Unterstützer des Priesters. Die «Rundschau» befragte am vergangenen Sonntag Gläubige vor dem Gottesdienst in Riehen zum Inhalt des Strafbefehls. «Das gibt mir nicht zu denken», sagte ein Mann. «Ich bete für ihn.»
Eine ältere Dame sagte, was im Strafbefehl beschrieben sei, sei nicht wahr. Nach kurzer Zeit wurde das «Rundschau»-Team vom Kirchenplatz verwiesen.
Die Pfarrwahlkommission von Riehen verweist auf verschiedene Gutachten, die über Küng gemacht wurden. Diese würden bescheinigen, dass Küng nicht pädophil sei und für Kinder keine Gefahr von ihm ausgehe. Trotz mehrmaligen Anfragen wurden die Gutachten der Redaktion nicht zur Verfügung gestellt. Gemäss Recherchen sollte Küng von der Jugendarbeit ausgeschlossen werden, falls er als Pfarrer gewählt worden wäre.