Gestern ging Rolf Müller (Name geändert) wie jeden Morgen zur Arbeit auf eine der grössten Baustellen in der Region: die Baustelle des Pharmariesen Roche. Als sich Dutzende von Bauarbeitern am frühen Morgen auf der Baustelle versammelt hätten, habe er davon ein Bild gemacht, sagt er. Das Bild zeigt den Raucherplatz, auf dem sich auch in den letzten Tagen immer Dutzende von Bauarbeitern getroffen hätten.
Er postete das Bild auf Facebook mit dem Kommentar «Und täglich grüsst das Corona-Tier» - keine drei Stunden später habe ihn der Leiter der Baustelle ins Büro zitiert und ihm eröffnet, dass er die Baustelle sofort verlassen müsse. Es sei nicht erlaubt auf dem Areal Bilder zu machen. «Er sagte mir, mein Bild sei auf Facebook viral gegangen. Jetzt würden sie mich von der Baustelle verweisen», sagt Rolf Müller.
Schliesslich habe ihn der Chef der Firma, bei der er angestellt sei, informiert, dass er deswegen jetzt fristlos entlassen sei. Trotzdem bereue er nicht, dass er das Bild öffentlich gemacht habe: Den vom Bund verlangten Abstand könne man auf solchen Baustellen nicht einhalten und das habe er zeigen wollen.
Roche bedauert die fristlose Kündigung
Roche bestätigt den Vorfall. Standortleiter Jürg Erismann betont aber, dass nicht Roche diese fristlose Kündigung ausgesprochen habe, sondern der zuständige Chef des Bauarbeiters. Roche habe nur das Areal-Verbot ausgesprochen, weil es verboten sei Fotos zu machen und ohne Einverständnis zu veröffentlichen. «Es ist bedauerlich, dass diesem Mitarbeiter nun gekündigt wurde», sagt Erismann.
Wenn ein Bauarbeiter das Gefühl habe, es sei etwas nicht korrekt, gebe es Anlaufstellen, an welche man sich wenden könne; und nicht die sozialen Medien. Erismann betont, auf den Baustellen der Roche würden die Vorschriften des Bundesamtes für Gesundheit umgesetzt: Distanz halten beim Arbeiten, in der Kantine, in Pausen, auf Raucherplätzen. Dort, wo dies nicht möglich gewesen sei, habe man sogar Arbeiten eingestellt. Konkret seien die Baustellen deswegen zur Zeit nur zu 60 Prozent in Betrieb.
Kündigung könnte missbräuchlich sein
Bereits gibt es eine erste Stellungnahme des Bundes zu diesem Vorfall, den das Regionaljournal Basel jetzt publik macht. Boris Zürcher vom Staatssekretariat für Wirtschaft sagte an der heutigen Corona-Pressekonferenz: «Es sei an Mitarbeitern auf Missstände hinzuweisen. Wenn die Missstände objektiv nicht haltbar waren, könnte ich mir vorstellen, dass diese Kündigung missbräuchlich ist.»