Es gibt Schätzungen, wonach zehn Prozent der Bevölkerung in der Schweiz Mühe hat beim Lesen und Schreiben. Trotz Schulbildung ist es diesen Leuten nicht möglich einen längeren Text zu verstehen. Beim Zeitunglesen bleiben sie bei den Bildern hängen. In der Folge behelfen sich viele mit Ausweichstrategien.
Viviane Rueff (56) und Michele Cordasco (62) sagen von sich, dass sie eine Leseschwäche haben. Dank Unterstützung der Volkshochschule beider Basel haben sie als Erwachsene ihre Lesefähigkeiten trainiert. Heute können sie ihr Leben besser organisieren und ermuntern Betroffene, sich der Situation zu stellen. «Leseschwäche ist keine Schande und es gibt einen Weg, sich durch Training zu stärken», sagt Rueff.
In meinem Kopf habe ich einen Knoten mit den Buchstaben.
Michele Cordasco hatte schon in der Schule Mühe, dem Unterrichtstempo zu folgen. Als junger Erwachsener war er aktiv bei den Wasserfahrern und den Pfadis und verbarg sein Defizit. «Auch mit Schweigen kann man dazugehören.» Später aber outete er sich mit seiner Leseschwäche. Denn er wollte endlich zur Gesellschaft dazugehören, wie er sagt. Danach besuchte er während drei Jahren ein Kursprogramm bei der Volkshochschule beider Basel.
Tabuthema
Barbara Gadient ist Lehrerin und verantwortet an der Volkshochschule beider Basel die Kurse für leseschwache Personen. Sie weiss, dass nur die wenigsten Betroffenen Hilfe holen: «Die meisten Betroffenen verstecken sich, weil als dumm abgestempelt wird, wer nicht lesen kann.»