74 Jahre nach Alfred und 30 Jahre nach Sohn Roland Rasser schlüpfte mit Gilles Tschudi erstmals ein Darsteller, der nicht zur Familie Rasser gehört, in die Uniform des HD-Soldats Läppli - ein Risiko, das sich gelohnt hat, wie die Premiere am Freitagabend im Basler Theater Fauteuil zeigte.
Gilles Tschudi spielte die legendäre Rolle des liebenswert-anarchistischen Hilfsdienst-Soldaten, der mit seiner Offenherzigkeit das gesamte Armee-Gefüge ins Wanken bringt, überzeugend.
Äusserlich mit buschig rotem Schnauz und Glatze voll auf das berühmte Vorbild getrimmt, meistert Tschudi auch darstellerisch den Hochseilakt, einerseits die nostalgischen Erwartungen zu erfüllen und gleichzeitig nicht in die Falle einer oberflächlichen Kopie zu tappen.
Tschudi verkörpert Läppli mit Leib und Seele. Mehr noch als das Vorbild Rasser kehrt er die Kindlichkeit der Figur und dessen unerschütterliche Menschenfreundlichkeit heraus. Das mit viel Prominenz besetzte Premierenpublikum bedankte sich nach gut zweieinhalb Stunden mit einem begeisterten Applaus.
Läppli berührt die Menschen auch heute noch
Es ist Alfred Rassers Enkelin Caroline, die das Stück im Theater Fauteuil wieder auf die Bühne bringt. «Die Nachfrage, dass wir das Stück wieder aufnehmen, hat über all die Jahre nie nachgelassen», sagte sie am Freitag vor der Première im Wochengastgespräch mit dem «Regionaljournal Basel» von Radio SRF. «Das liegt wohl daran, dass Läppli mit seiner naiven Kindlichkeit und seinem Anarchismus die Menschen auch heute noch berührt.»
Dennoch habe es Zeit gebraucht, bis sie den Schritt tatsächlich wagte: «Im Gegensatz zu früher kann ich nun auf einen grossen Fundus als Theaterschaffende zurückgreifen. Das gibt mir Sicherheit».
Dass ihr Grossvater ein berühmter Mann ist, habe sie zwar gewusst, in der Familie sei das aber nie ein Thema gewesen. «Das war sehr entspannend», sagt Rasser. Als sie dann beschloss, selber Schauspielerin zu werden, merkte sie aber trotzdem, dass sie Abstand braucht. «Ich wollte mich emanzipieren. Darum habe ich meine Ausbildung in Paris und New York gemacht».
Er liess sich den Mund nie verbieten, auch wenn er Meinungen vertrat, die damals nicht konform waren.
Heute schaut sie mit viel Bewunderung auf ihren Grossvater. Denn Alfred Rasser war nicht nur Kabarettist und Schauspieler, sondern auch politisch tätig. Als Nationalrat setzte er sich beispielsweise gegen Waffenexporte ein. «Er liess sich den Mund nie verbieten, auch wenn er Meinungen vertrat, die damals nicht konform waren», sagt Rasser. «Dabei war er darauf angewiesen, dass die Leute trotzdem zu ihm ins Theater kommen».
Sie selber würde diesen Spagat nicht wagen, gibt Rasser zu. «Ich bin zwar ein politisch denkender Mensch, aber ich habe nicht den Mut, mich derart zu exponieren. Und ich befürchte auch, ich würde dadurch ein Stück künstlerische Freiheit verlieren».