SRF: Das Abstimmungsresultat in Moutier war knapp, die Bevölkerung gespalten. Wie geht Moutier am besten damit um?
Marc Bühlmann: Eigentlich geht das Leben ja weiter wie bisher. Böse gesagt werden die Menschen in Moutier irgendwann neue Nummernschilder an ihre Autos machen, vielmehr ändert sich nicht. Und trotzdem ist die Frage nach dem «Wie weiter» wichtig, weil es um Identität geht und damit auch um Emotionen.
Werden die beiden Lager bald wieder miteinander ins Gespräch kommen?
Hoffentlich! Als Sieger verschenkt man sich etwas, wenn man den Verlierer nicht ernst nimmt. In diesem Zusammenhang hat die Bevölkerung im Berner Jura in den letzten Jahrzehnten sicher viel gelernt.
Die Regierungen der Kantone Bern und Jura haben nach der Abstimmung beide betont, die Jura-Frage sei jetzt definitiv erledigt. Ist sie das tatsächlich?
Die institutionelle Kaskade, die seit 2013 mit den verschiedenen Abstimmungen läuft, ist tatsächlich abgeschlossen. Aber die Frage der Identität der Bevölkerung im Berner Jura, die darf nicht abgeschlossen sein. Es muss in einer Demokratie erlaubt sein, eine Frage immer wieder zu diskutieren. Zum Beispiel, wenn Moutier in ein paar Jahren unzufrieden ist mit dem Kantonswechsel. Oder wenn sich weitere bern-jurassische Gemeinden Moutier doch irgendwann anschliessen möchten.
Das betrifft ja vor allem die jüngeren Generationen. Haben diese sich anstecken lassen von der Jura-Frage?
Es gibt tatsächlich Hinweise darauf, dass es die jüngeren Stimmbürger waren, die das Resultat beeinflusst haben, dass sie sich also anstecken liessen von der Verve ihrer Eltern und Grosseltern. Aber die Emotionen sind längst nicht mehr so intensiv wie noch vor einigen Jahren.
Der Berner Jura als Ganzes hat sich bereits 2013 klar gegen einen Kantonswechsel ausgesprochen. Bleibt das so?
Es gibt unterschiedliche Szenarien. Im Moment passiert sicher nicht viel. Aber stellen wir uns vor, die Minderheitenrechte des Berner Jura werden irgendwann mal beschnitten, zum Beispiel aus Spargründen, dann kann durchaus etwas passieren. Einzelne Gemeinden könnten dann statt zu einer Berner Minderheit zu einer jurassischen Mehrheit gehören wollen.
Das Gespräch führte Jörg André.