Sie sterben noch im Mutterleib oder kurz nach der Geburt - Engelskinder oder Sternenkinder. Ihre Eltern bekommen keine Gelegenheit, sie richtig kennenzulernen. Früher war man in den Spitälern der Ansicht, dass Eltern den Tod eines solchen Kindes verarbeiten, wenn sie es so schnell wie möglich vergessen können. Deswegen wurden die kleinen Körper nach der Geburt gleich entsorgt. Den Eltern wurde geraten, sofort in ihren Alltag zurückzukehren.
Heute weiss man, dass Eltern so ihre Trauer nicht verarbeiten können. Seit mehr als zehn Jahren bietet die Frauenklinik des Inselspitals Bern Hilfe für die Eltern von Engelskindern. Trauerbegleiterinnen betreuen Betroffene. Unterstützung wird ab dem Moment geboten, wo die Herztöne des Kindes nicht mehr zu hören sind. Die Frauenklinik leistete damit vor über zehn Jahren Pionierarbeit. Heute bieten viele Spitäler eine ähnliche Betreuung an. «Wir hätten viel falsch gemacht, ohne die Begleitung der Frauenklinik», sind sich Franziska Pfister und Erick Arauz einig. Das Paar hat ihre Tochter Sofia im letzten Schwangerschaftsmonat verloren.
Erinnerungen schaffen
Wenn ein älterer Mensch stirbt, dann können die Angehörigen Erinnerungen austauschen – Eltern von Engelskindern haben wenige Erinnerungen, weil sie fast keine Zeit mit ihrem Kind hatten. «Erfährt eine schwangere Frau, dass ihr Kind gestorben ist, will sie im ersten Moment das Kind so schnell wie möglich los werden», erzählt Anna Margareta Neff. Die Hebamme und Trauerbegleiterin in der Frauenklinik weiss, dass es gerade in diesem schwierigen Moment wichtig ist, dass sich die Frauen Zeit nehmen, um sich von ihrem Kind zu verabschieden.
In einem besonderen Zimmer, in dem die kleinen Körper aufbewahrt werden, finden die Eltern einen Ort zum Trauern und zum Abschied nehmen. Sie werden motiviert, aktiv etwas für ihr Kind zu tun: einen kleinen Sarg gestalten oder dem Kind eine Seite in einem Erinnerungsbuch widmen. So können sie ihre Liebe ausdrücken und reale Erinnerungen schaffen.
Unterstützung für Betroffene und Fachkräfte
Franziska Maurer hat vor zehn Jahren in Bern die schweizweit einzige Fachstelle für Fehlgeburt und perinataler Kindstod gegründet. Zusammen mit betroffenen Eltern, die nach dem Tod ihres Kindes im Spital nicht genug Unterstützung bekommen hatten. «Damals riefen auch Frauen über siebzig an, erzählten von ihren lange zurückliegenden Erfahrungen mit ihrem Engelskind und bedankten sich für unsere Arbeit», erzählt Franziska Maurer. An der Fachstelle finden aber nicht nur Eltern und Betroffene Rat, sondern auch Fachkräfte: Hebammen, Ärzte und Pfleger.