Er sei kein guter Jasser, sagt Ruedi Heinzer von sich. Trotzdem faszinieren ihn das Spiel und die Jasskarten. 36 theologische Betrachtungen hat er in seinem Buch «Sonntagsjass» gemacht – sozusagen kurze Predigten, die sich dem Jassen widmen.
SRF News: Sonntagsjass oder Sonntagspredigt: Was gefällt Ihnen besser?
Ruedi Heinzer: Mir gefällt der Jass besser. Aber ich hoffe, den Leuten passen meine Predigten besser. (lacht)
Jassen ist Schweizer Volkskultur, geniesst grosse Beliebtheit. Im Unterschied zur Kirche. Die hat immer weniger Zulauf. Müsste man Jass-Gottesdienste veranstalten?
Jassnachmittage, das gibt es ja schon, veranstaltet von den Kirchgemeinden. Ich habe als Pfarrer das Spielen mal in einem Gottesdienst zum Thema gemacht. Das Jassen hat mich damals zu faszinieren begonnen. Selber bin ich kein leidenschaftlicher Jasser, eher ein Kartenständer. Aber viele Themen aus dem christlichen Glauben sind auch beim Jassen zu finden.
Wer jasst, will gewinnen. Da hat die christliche Nächstenliebe nicht viel verloren. Ist jemand, der gwinnen will, ein schlechter Christ?
Wahrscheinlich sogar ein guter Christ. Natürlich, einen anderen fertig machen, das ist das Gegenteil von Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst. Aber jemand, der weiss, dass er diesen Anteil in sich trägt, ist eben kein schlechter Christ.
Beim Jassen gehe es gerechter zu als in der Gesellschaft, kann man in ihrem Buch lesen. Wie kommen Sie darauf?
Beim Jassen starten alle mit den gleichen Chancen. Es ist wie eine Utopie. Etwas, was man sich wünschen würde für die Welt.
Aber man kann ein gutes oder schlechteres Blatt erhalten.
Das ist richtig. Und jemand kann auch geübter sein als der andere. Aber es fängt bei jedem Spiel neu an. Und für alle gelten die gleichen Regeln, und man hält sich auch an diese Regeln.
Jassen an einem hohen christlichen Feiertag wie Ostern. Geht das?
Das passt sehr gut. Ostern ist ein Freudentag. Man kennt das Osterlachen. Jassen am Karfreitag hingegen, das würde mich dann aber weniger passen. Das ist der Gedenktag an Jesus, an sein Leiden.
Das Gespräch führte Brigitte Mader