Freitagnachmittag, kurz nach halb zwei Uhr. Der Pfarreisaal in Visp verwandelt sich in ein kleines Lebensmittelgeschäft. Eier, Käse, Fleisch, Früchte, Brot stehen bereit, abgeholt zu werden. 675 Kilogramm sind an diesem Nachmittag zusammengekommen.
Die Lebensmittel wären sonst im Abfall gelandet. «Wir legen die Kartoffeln einzeln auf den Tisch, damit sie gerecht verteilt werden», erzählt Rosmarie Bumann, sie seit drei Jahren als freiwillige Helferin beim Rottu Tisch arbeitet.
Die freiwilligen Helferinnen und Helfer sammeln bei den Grossverteilern, kleineren Läden und in Bäckereien noch einwandfreie, aber überschüssige Lebensmittel ein und verteilen sie an Bedürftige. Und zwar in Visp, in Brig und Susten.
Wie die Essensabgabe funktioniert
Vor dem Pfarreisaal in Visp warten bereits einige Leute, um die Lebensmittel abzuholen. Um hineinzukommen, müssen sie eine Karte vorweisen. Wer sich in einem finanziellen Engpass befindet oder am Existenzminimum lebt, kann eine solche Karte beantragen.
Gegen einen symbolischen Franken dürfen sie dann einmal pro Woche Lebensmittel am Rottu Tisch abholen. «Ich habe auch schon Leute gesehen, die sogar diesen einen Franken zusammenkratzen müssen», sagt die Initiantin Maria Oester. Das gehe einem sehr nahe, wenn man dies sehe.
Einige Leute müssen sogar diesen einen Franken zusammenkratzen.
Jeden Freitag kommen viele Menschen mit Migrationshintergrund, aber auch Einheimische in das Pfarreizentrum nach Visp. So wie die 60-jährige Anita. Sie ist krank und lebt von der Sozialhilfe. «Ich schäme mich, ich komme nicht gerne hierher.» Sie würde lieber arbeiten, könne aber nicht – wegen dem Rücken.
Bevor die Leute ihre Lebensmittel abholen dürfen, müssen sie eine Nummer ziehen – wer zuerst hinein darf, wird ausgelost. Damit sollen die Lebensmittel möglichst gerecht verteilt werden.
Der 74-jährige Walter darf als 18. in den Saal. Er ist erst spät Vater geworden. Seine Buben sind nun 11 und 13 Jahre alt, er ist alleinerziehend, die AHV reiche nicht. «Wenn man nicht alle Lebensmittel selber kaufen muss, wird das Budget schon verbessert», so Walter.
42 Personen haben an diesem Freitagnachmittag Lebensmittel abgeholt. Je nachdem, wie viele Personen in ihrem Haushalt leben, durften sie mehr oder weniger mitnehmen. Alle sind dankbar für jedes einzelne Stück.