Ausgangspunkt sind 40 Millionen Franken: diese fehlen, weil der Kanton Bern die Steuern für natürliche Personen senken will. Das Loch in der Staatskasse sollen nun die Autofahrerinnen und Autofahrer stopfen – mit höheren Motorfahrzeugsteuern. Diese liegen im Kanton Bern rund zehn Prozent unter dem schweizerischen Durchschnitt.
Regierung und Parlament wollen die Motorfahrzeugsteuern seit Jahren heben. Ein Garagist aus dem Oberaargau machte ihnen 2011 jedoch einen Strich durch die Rechnung. Garagist Hannes Flückiger bodigte mit einem Volksvorschlag die Steuererhöhung praktisch im Alleingang – und schreib dabei ein Stück Berner Politgeschichte. Statt dass die Steuern erhöht wurden, hat sie das Volk gesenkt. Nun nehmen Regierung und Parlament einen neuen Anlauf.
Auch CO2-Ausstoss soll zählen
Bis jetzt werden Motorfahrzeugsteuern im Kanton Bern nur nach dem Gewicht berechnet. Ein leichtes, kleines Auto zahlt darum weniger Steuern, ein grosser SUV wegen seines Gewichts mehr – unabhängig davon, wie viel CO2 sie ausstossen. Dieser CO2-Ausstoss soll künftig in die Berechnung mit einfliessen.
Käuferinnen und Käufer sollen dazu gebracht werden, sich für umweltgerechte und klimaschonende Fahrzeuge zu entscheiden. Ohne konstante finanzielle Anreize sei dies aber kaum zu schaffen, zeigte ein Bericht des Kantons Bern. Demnach hätten zeitlich begrenzte Vergünstigungen keinen Einfluss auf ein ökologischeres Kaufverhalten.
Mit einer permanent höheren Steuer soll dies ändern. «Stark motorisierte Fahrzeuge werden tendenziell teurer, umweltfreundliche Autos mit tiefem CO2-Ausstoss dagegen werden von einer tieferen Steuer profitieren», erklärt Thomas Aeschlimann vom Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern.
Durch höhere Motorfahrzeugsteuern nicht zusätzlich belastet werden sollen jedoch das Gewerbe und die Landwirtschaft. Und auch für Besitzerinnen und Besitzer von Veteranenfahrzeugen gibt es eine Ausnahme: Sie sollen pro Jahr nicht mehr als 400 Franken für ihren Oldtimer bezahlen müssen.
Die geplante Motorfahrzeugsteuer im Kanton Bern verfolgt also grundsätzlich zwei Ziele: Einerseits soll die Steuer dazu beitragen, dass mehr umweltfreundliche Autos gekauft werden. Andererseits soll es die Steuer ermöglichen, die Steuern im Kanton Bern allgemein senken zu können.
Steuersenkung auf dem Buckel der Autofahrer
Will der Staat die Autofahrerinnen und Autofahrer damit zur Kasse bitten? In der Vernehmlassung zur Gesetzesänderung gehen die Meinungen weit auseinander.
Für die SVP ist die CO2-Besteuerung ungerecht – besonders für «ältere, weniger vermögende Personen und jene in ländlichen Regionen.» Die FDP will die Motorfahrzeugsteuer zwingend an die Steuersenkung für natürliche Personen koppeln, um zu verhindern, dass der Staat plötzlich mehr Steuern abschöpft als erwartet.
Für die Grünen soll der Kanton Bern kein «Offroader-Paradies» mehr sein. Statt 40 Millionen, wollen sie sogar 100 Millionen mehr mit den Motorfahrzeugsteuern einnehmen. Der motorisierte Individualverkehr solle die Kosten, die er verursacht, selber bezahlen. Die SP verlangt, dass die Regierung die Höhe der Motorfahrzeugsteuer so ansetzt, dass die Verluste seit 2012 wieder hineingeholt werden. Zudem sollen mehr Mittel für den öffentlichen Verkehr und den Langsamverkehr eingesetzt werden.
Die Steuer geht nun zurück in die Regierung, danach ins Parlament. Ob danach der Oberaargauer Garagist Hannes Flückiger das Referendum ergreifen oder gar erneut einen Volksvorschlag lancieren wird, lässt er derzeit noch offen. Gut möglich also, dass die Stimmberechtigten im Kanton Bern das letzte Wort haben werden.