Das Wichtigste in Kürze
- Moutier kann weiterhin nicht zum Kanton Jura wechseln.
- Nach der Regierungsstatthalterin des Berner Juras hat auch das bernische Verwaltungsgericht die Abstimmung von 2017 über den Kantonswechsel von Moutier für ungültig erklärt.
- Die unterlegenen Pro-Jurassier haben im Vorfeld angekündigt, den Entscheid ans Bundesgericht weiterzuziehen. Am Donnerstag wollten sie sich aber noch nicht festlegen.
Mit lediglich 137 Stimmen Differenz hatten die Bürger Moutiers am 18. Juni 2017 entschieden, den Kanton Bern zu verlassen und künftig zum Kanton Jura zu gehören. Doch hob die Regierungsstatthalterin des Berner Juras diese Abstimmung im November des vergangenen Jahres wieder auf.
Daraufhin erhob das projurassische Lager Moutiers beim kantonalen Verwaltungsgericht Beschwerde. Zu den Beschwerdeführern gehörte die Stadt Moutier und das Komitee «Moutier ville jurassienne». Sie verlangten vom Gericht, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.
Gemeinde Moutier hat das Recht verletzt
Nun hat das Verwaltungsgericht den Entscheid der Regierungsstatthalterin im Kern bestätigt. Es schreibt, die Gemeinde Moutier habe das Recht «auf schwere Weise verletzt». Als Organisatorin der Abstimmung hätte die Gemeinde nicht «mit der gleichen Freiheit Stellung nehmen dürfen» wie andere.
Diese vier Handlungen der Gemeinde rund um die Abstimmung zum Kantonswechsel verletzen nach Ansicht des Gerichts das Recht:
- ein Brief der Gemeinde an die Eltern der Tagesschule
- das Vorwort des Gemeindepräsidenten im Journal moutier.ch
- die Verweigerung der Gemeinde, der Berner Staatskanzlei und dem Bundesamt für Justiz das Stimmregister zuzustellen
- die Ausweitung der Möglichkeit, brieflich abzustimmen
Die Weigerung, dass Stimmregister zu übergeben, habe zudem Zweifel in die Vertrauenswürdigkeit dieses Registers geweckt. Das Verwaltungsgericht erwähnt weiter den starken Verdacht, dass Stimmberechtigte nur fiktiv in Moutier wohnten.
Dass die Gemeinde zusätzliche Möglichkeiten gab, brieflich abzustimmen, erachtet das Verwaltungsgericht als unrechtmässig, obwohl sich damals weder die Berner Staatskanzlei noch die Beobachter des Bundes dagegen gewehrt hatten.
Alle diese Rechtsverletzungen haben nach Ansicht des Berner Verwaltungsgerichts das Abstimmungsresultat beeinflussen können.
«Ein politischer Entscheid»
Valentin Zuber vom Komitee «Moutier ville jurassienne» zeigt sich vom Urteil wenig überrascht und spricht von einem politischen Entscheid. Marcel Winistoerfer, der autonomistische Stadtpräsident von Moutier, sagte vor den Medien, Moutier und die Mehrheit seiner Bevölkerung hätten von der Berner Justiz und den Berner Behörden definitiv nichts zu erwarten. Die Vorwürfe zu Unregelmässigkeiten rund um die Abstimmung seien haltlos.
Angesprochen auf die Kritik der Berner Justiz an seinem persönlichen Verhalten sagte Winistoerfer, formell würde er heute anders vorgehen, nicht aber inhaltlich.
Zwei Szenarien für die Zukunft
Allgemein wird erwartet, dass der Verwaltungsgerichtsentscheid ans Bundesgericht weitergezogen wird, obwohl sich Moutiers Separatisten dazu am Donnerstag noch nicht festlegen wollten.
Sollte der Fall in Lausanne landen, gibt es zwei Szenarien:
- Das Bundesgericht erklärt die Abstimmung von 2017 für gültig und Moutier wechselt den Kanton.
- Das Bundesgericht bestätigt den Verwaltungsgerichtsentscheid.
Im zweiten Fall dürfte in Moutier erneut abgestimmt werden. Der Bund und die beiden Kantone Bern und Jura gaben im November 2018 bekannt, aus ihrer Sicht müssten sich Moutiers Bürger an einer gültigen Abstimmung über die Kantonszugehörigkeit aussprechen können.
Jean-Christophe Geiser vom Bundesamt für Justiz bestätigte am Donnerstag auf Anfrage diese Haltung der sogenannten Tripartiten Konferenz. Das ist eine Konferenz des Bunds und der beiden Kantone.
Zweite Abstimmung ist umstritten
In Moutier ist man allerdings auch in der Frage einer erneuten Abstimmung gespalten. Pierre-André Comte vom Mouvement autonomiste jurassien sagte, eine solche stelle derzeit keine Option dar. Moutiers Bevölkerung wolle endlich den Kanton wechseln.
Die Proberner sagen, für eine zweite Abstimmung sei es zu früh. Zuerst müssten sich die Wogen glätten. Zudem dürfe nicht nochmals die Stadt Moutier eine solche Abstimmung durchführen. Der Bund müsste einen solchen Urnengang organisieren.