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Rund 100 Mädchen nahmen am 11. November am dritten Bündner Mädchenparlament teil. Die zwölfjährige Yara Shahin aus Untervaz war Sprecherin für die Gruppe Mobbing und sagte damals im Rat: «Wir haben festgestellt, dass in den meisten Bündner Schulen gemobbt wird. Das müssen wir verändern». Mobbing habe grosse Auswirkungen, nicht nur auf die Opfer, sondern auch auf Freunde, Familie und den Täter.
Das Thema löste eine fast halbstündige Diskussion aus. Eine Votantin forderte härtere Sanktionen wie «Handy einen Monat einziehen, eine Elternkonferenz machen oder eine Notiz im Zeugnis hinterlassen», für mehrere Voten sorgte auch die Frage, wann der richtige Zeitpunkt sei, mit einer Klasse über Mobbing zu reden.
Das Mädchenparlament fordert nun in einer Petition, dass das Thema Mobbing bereits in der Primarschule behandelt werden, Schulen Mobbing als Straftat in der Disziplinarverordnung aufführen und jede Schule einen Mobbingbeauftragten zum Thema Prävention ausbilden soll.
Problem Mobbing: Ein Déjà-vu für den Grossen Rat
Heidi Clalüna ist BDP-Politikerin aus dem Engadin und betreute beim Mädchenparlament die Gruppe Mobbing. Ihr Eindruck: «In dieser Gruppe haben alle eine Erfahrung mit Mobbing. Sei es bei Geschwistern, in der Klasse, auf dem Schulplatz». Das Thema Mobbing beängstige die Mädchen.
Für Clalüna aber auch andere Grossräte dürfte es ein Déjà-vu sein, wenn die Petition im Parlament diskutiert wird: Bereits 2013 diskutierte der Rat über Mobbing, auch damals aufgrund einer Petition des Mädchenparlaments, das damals eine Ansprechperson an jeder Schule bei Mobbingproblemen gefordert hatte.
Dieses konkrete Anliegen versandete, der Kanton ergriff andere Massnahmen und erstellte einen Leitfaden für Lehrpersonen, ein Merkblatt zu Cybermobbing und Plakate.
«Treffen kann Mobbing jeden»
Die Petition des Mädchenparlaments kommt nun in den Grossen Rat. Grossrätin Heidi Clalüna macht jedoch ein Fragezeichen, ob die kantonale Politik der richtige Ort sei. Ein Mobbing-Artikel sei bereits im Zusammenhang mit dem Schulgesetz diskutiert und verworfen worden. Für die BDP-Politikerin sind die einzelnen Schulgemeinden gefordert.
Eine ähnliche Position nimmt auch Christian Stalder ein. Die Schulen seien in der Pflicht, sagt der 37-Jährige, Schulleiter beim Zentrum für Sonderpädagogik Giuvaulta und Mitgründer der Onlineplattform mobbing.gr, die seit diesem Frühling Informationen, Beratung und Weiterbildung zum Thema Mobbing anbietet.
SRF News: Wie gross ist das Mobbingproblem an Bündner Schulen?
Christian Stalder: Die zentrale Frage ist nicht das Ausmass des Problems, sondern die Erkenntnis, dass Mobbing ein Problem ist. Aktuell gehen wir davon aus, dass an Schulen möglicherweise eins bis zwei Kinder pro Klasse betroffen sind. Treffen kann Mobbing also jeden und das Thema betrifft sicher alle.
Wieso ist es so schwierig Mobbing zu erkennen?
Wenn eine Schule das Thema auf dem Radar hat, dann ist die Chance gross, dass das Mobbing wahrgenommen wird. Wer das Thema nicht auf dem Schirm hat, wird es auch nicht erkennen.
Wir haben festgestellt, dass in den meisten Bündner Schulen gemobbt wird.
Die Jugendlichen machen verschiedene Vorschläge wie beispielsweise das Handy für einen Monat wegsperren. Was hat sich bewährt?
Eine Schule braucht ein Konzept, wie sie mit Mobbing umgeht. Wichtig ist zu wissen, welche Hilfsangebote es für Kinder und Jugendliche gibt und vor allem wie sie den Weg zu diesen Angeboten und damit kompetenten Ansprechspersonen finden.
Bereits 2012 reichte das damalige Mädchenparlament eine Petition zum Thema ein und forderte einen Mobbingbeauftragten. Das wurde nicht eingeführt. Muss man aus der Sicht des Mädchenparlaments sagen, es passiert zu wenig?
Ich würde den Eindruck unterschreiben, dass zu wenig läuft und zu wenig fokussiert. Die Frage ist, wie könnte man mit den bestehenden Angeboten, die es bereits heute im Kanton gibt – und diese sind vielfältig – das Thema Mobbing in den Alltag dieser Jugendlichen bringen.
SRF 1, Regionaljournal Graubünden, 17:30 Uhr