Die Lawine kam am Abend des 20. Januar 1951. Die heute 75-jährige Maria Prader sass mit ihrer Familie in der Stube. Der Knecht habe im düsteren Schein der Petroleumlampe gelesen, als es plötzlich laut wurde, erinnert sich Maria Prader.
«Es hat gerüttelt und oberhalb des Ofens gab es einen Riss, es hat geknallt und dann war es still», blickt sie heute zurück. Dank des Ofens in der Stube, der den enormen Kräften standhielt, überlebten alle das Unglück. Nach zwei Stunden wurde die Familie aus den Trümmern gerettet.
Lawinen habe es in St. Antönien immer gegeben, seit die ersten Walser dort gesiedelt hatten, erklärt Jann Flütsch. Flütsch ist ehemaliger Gemeindepräsident und Präsident des Ortsmuseums. Im Museum zeigen Fotos vergangener Lawinenunglücke die zerstörerische Kraft von Lawinen.
Lange habe man sich im Dorf mit speziellen Bauten an den Häusern vor Lawinen zu schützen versucht. Eigentlicher Startschuss für Lawinenverbauungen im grossen Stil sei aber das Unglück 1951 gewesen, da sei es plötzlich schnell gegangen.
Oberhalb des Dorfes wurden am Chüenihorn 12 Kilometer Lawinenverbauungen erstellt. Pionier des St. Antönier Lawinenschutzes war Peter Flütsch, der damalige Landammann und Gemeindepräsident. «Wenn er wüsste wie weit wir heute mit dem Lawinenschutz sind, er wäre stolz», sagt Jann Flütsch. Mit verschiedenen Massnahmen sei es nun für die Leute in St. Antönien möglich auch in schneereichen Wintern ruhig zu schlafen.
Der Umgang mit Lawinen hat in der Schweiz Tradition. Diese lebendige Tradition hat die Schweiz nun gemeinsam mit Österreich bei der UNESCO als immaterielles Kulturerbe angemeldet. Die Kandidatur ausgearbeitet haben unter anderem das Schnee- und Lawinenforschungsinstitut in Davos, der SAC und das Bundesamt für Kultur. Die UNESCO entscheidet gegen Ende 2018.