Dunkel und nass ist der rund acht Meter lange Stollen oberhalb des Marmorera-Stausees. Hier arbeitet Rouven Turck von der Universität Zürich an diesem Morgen mit zwei Studenten. Der Stollen ist die neuste Entdeckung rund um den Kupferabbau am Julierpass. «Wir finden im Stollen das Malachit, den Grünspan. Das sind die ersten Hinweise darauf, dass es Kupfer hatte.»
Wir gehen davon aus, dass die Menschen hier saisonal stationiert waren.
Im ersten Jahrtausend vor Christus wurde im Oberhalbstein im grossen Stil Kupfer abgebaut. Hinweise darauf gab es bereits seit den 50er-Jahren. Erst die archäologischen Untersuchungen in den letzten Jahren haben aber den Umfang des historischen Kupferabbaus aufgezeigt.
«Die Menge an Fundstellen ist erschlagend»
Ein halbes Dutzend Stollen und mehr als 80 Schmelzöfen haben die Forscher seit 2013 entdeckt. «Die Menge an Fundstellen ist erschlagend. Hier hat nicht nur ein kleines Experiment stattgefunden. Das Tal war im ersten Jahrtausend v. Chr. ein wichtiger Kupferlieferant.»
Rouven Turck geht davon aus, dass entlang des Julierpasses mehrere Tonnen Kupfer abgebaut wurden. Erstaunlich sei dies vor allem wegen der Höhenlage. Bis auf 2300 Meter Höhe haben die Archäologen Spuren des Kupferabbaus gefunden.
Dass die Menschen diese Strapazen auf sich nahmen, zeige den Wert, den Kupfer gehabt habe. «Dass man diesen Aufwand überhaupt betrieben hatte zeigt, dass es einen hohen Bedarf an Kupfer gab.»
Aus dem Kupfer wurden Werkzeuge, Waffen, aber auch Schmuck gefertigt.
Überraschendes hat das Team der Uni Zürich zu den Menschen herausgefunden, die im Oberhalbstein Kupfer abarbeiteten.
Fundstücke rund um die Stollen zeigen: nicht die Einheimischen haben Kupfer abgebaut. «Wir gehen davon aus, dass die Menschen hier saisonal stationiert waren. Entweder kamen sie aus dem Bergell oder aus niederen südlichen Regionen, vielleicht auch aus dem Vinschgau.»