Seit Anfang 2019 ist Marianne Ryter Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts in St. Gallen. Sie ist die erste Frau, die dieses Amt inne hat. Zwei Wochen nach Arbeitsbeginn blickt sie zurück und voraus auf ihre zweijährige Amtszeit.
SRF News: Seit einem halben Jahr sind sie im Amt. Wie wohl fühlen Sie sich in ihrem Job?
Marianne Ryter: Es ist schön, am Bundesverwaltungsgericht zu arbeiten und es ist auch schön, diese Funktion wahrzunehmen. Ich war ja schon vier Jahre Vizepräsidentin. Das heisst, ich bin schon vertraut mit den Aufgaben, die anfallen, wenn man Teil des Präsidiums ist. Ich fühle mich wohl.
Was sind ihre Ziele?
Das oberste Ziel ist es, dass wir schnell und gut entscheiden. Ein weiteres Ziel ist es, dass wir die Bedeutung des Bundesverwaltungsgerichts in der schweizerischen Justizlandschaft bewusster machen. Und drittens möchte ich, dass die Besten ihres Fachs bei uns arbeiten. Und das bedeutet, dass wir ein moderner und attraktiver Arbeitgeber sind.
Sie sind die erste Frau, die das Bundesverwaltungsgericht präsidiert. Wie wichtig ist es, dass dieses Amt von einer Frau besetzt wird?
Wenn man auf den gesellschaftlichen Diskurs blickt, ist es ein positives Signal. Insofern ist es wichtig, dass das grösste eidgenössische Gericht eine Frau als Präsidentin hat.
Sie sind Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts, sie sind aber auch Parteimitglied der SP. Jeder Richter, jede Richterin am Bundesverwaltungsgericht muss in einer Partei sein. Wie sinnvoll ist das aus ihrer Sicht?
Das ist eine Eigenheit des schweizerischen Systems. Ich finde, dass die Gefahr besteht, den Anschein einer Abhängigkeit zu erwecken. Und das könnte das Vertrauen in die Justiz zerstören.
Es gibt ja auch immer wieder kritische Stimmen, die behaupten, dass Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts politisch motiviert sind.
Auch wenn unsere Entscheide politsche Auswirkungen haben, heisst das nicht, dass wir auch politisch entscheiden. Für mich kann ich sagen, dass ich noch nie politisch entschieden habe und ich glaube, das gilt auch für meine Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen uns mit der Kritik aber auseinandersetzen und darauf achten, dass unsere Entscheide nicht unzulässig beeinflusst werden.
Das Gespräch führte Sascha Zürcher.