Der Wunsch des 13-jährigen Mädchens, während des Unterrichts das islamische Kopftuch (Hijab) zu tragen, sei durch die Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützt, begründete das Gericht am Mittwoch sein Urteil. Ein Verbot erweise sich «zurzeit als unverhältnismässig». Zu erwägen wäre ein Verbot erst, «wenn sich eine ernsthafte Gefährdung des Religionsfriedens abzeichnen sollte», schreibt das Gericht. Es sei auch nicht ersichtlich, dass das Tragen des Kopftuchs die Integration der Schülerin in ihrer Klasse beeinträchtigt habe. Der geordnete Schulbetrieb sei nicht gestört worden.
Das Mädchen hatte als Sechstklässlerin im Sommer 2013 damit begonnen, mit Kopftuch zur Schule zu gehen. Darauf erliess die Schulgemeinde, gestützt auf eine Empfehlung des Erziehungsrats des Kantons St. Gallen, ein Kopfbedeckungsverbot. Die Familie erhob dagegen Beschwerde.
Übergeordnetes Recht respektieren
Ihre Anwältin argumentierte in der öffentlichen Verhandlung vom vergangenen Freitag mit der Religionsfreiheit. Die Schulordnung müsse übergeordnetes Recht – in diesem Fall die Bundes- und die Kantonsverfassung sowie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) – respektieren.
Der Vertreter der Schulgemeinde erklärte, das Verbot richte sich nicht nur gegen Kopftücher, sondern auch gegen andere Kopfbedeckungen wie Baseballmützen, die den Lernbetrieb störten. Der muslimischen Familie warf er eine «Verweigerungshaltung» vor, weil die Kinder auch nicht zum Schwimmunterricht und ins Skilager gingen.
Genugtuung beim Islamischen Zentralrat
Der Islamische Zentralrat der Schweiz (IZRS), der die Familie im Gerichtsverfahren unterstützt, nahm das Urteil mit Genugtuung zur Kenntnis. Das Gericht anerkenne, dass das Tragen eines Kopftuchs auch in der Schule für praktizierende muslimische Mädchen von grosser Bedeutung sei, teilte der IZRS mit.
Dennoch herrsche unter Muslimen keine Euphorie. Das St. Galler Urteil sei auf rechtlicher Ebene zwar ein Erfolg für den freiheitlichen Geist der Schweizer Rechtsordnung, jedoch noch lange kein Sieg gegen die in der öffentlichen Meinung verankerte Ablehnung des Islams und der Muslime, so der IZRS.
Der Schulrat von St. Margrethen nahm ebenfalls zum Urteil Stellung: Die Rechtsunsicherheit, deren Beseitigung man sich erhofft habe, werde durch den Entscheid des Verwaltungsgerichts gerade nicht beseitigt. Ein Weiterzug des Urteils ans Bundesgericht bleibe vor diesem Hintergrund offen und zu prüfen, heisst es.