SRF-Redaktorin Lea Schüpbach: Ist es realistisch, dass das Hoteldorf auf dem Bürgenstock, mit diesen Dimensionen, Erfolg haben wird?
Monika Bandi: Die ausländischen Investoren haben sich ambitiöse Ziele gesetzt. Aber sie haben sich die Sache sicherlich gut überlegt – mit mehr als einer halben Milliarde, die sie investieren. Was man auch sagen kann: Das Projekt knüpft an der Blütezeit der früheren Hotel-Ära an und es wird sicherlich zu einem internationalen Leuchtturm werden. Andererseits muss man sich bewusst sein, dass zwar ein breitgefächertes Angebot geplant ist, dieses aber bloss für eine eher kleinere Gruppe bestimmter Leute zur Verfügung gestellt wird.
Die Investoren streben bei den Hotels schon in drei bis vier Jahren eine Auslastung von 65 Prozent an. Ist das nicht ein hoch gestecktes Ziel?
Das ist durchaus so. Schliesslich muss das Resort zuerst fertig gebaut sein – oder zumindest in grossen Zügen – und das innert möglichst kurzer Zeit. Denn schliesslich will niemand seine Ferien in einer Baugrube verbringen. Zur Belegung: Schweizweit verzeichnen die Hotels durchschnittlich rund 45 Prozent Auslastung. In den Städten ist die Zahl höher, zwischen 60 und 70 Prozent. Aber in den alpinen Regionen, die eher mit dem Bürgenstock vergleichbar sind, reden wir oftmals von bloss 30 Prozent Auslastung. Darum: Eine Auslastung von 65 Prozent auf dem Bürgenstock ist sicherlich sehr ambitiös.
Die Angebote auf dem Bürgenstock werden breit gefächert sein: Von Spa über Golf bis hin zu Medizinaltourismus. Ist das tatsächlich das Angebot, welches Gäste im Luxus-Segment suchen?
Für diese Klientel sind Spa und Golf als Prestige-Elemente sicherlich attraktiv. Jedoch nicht einzigartig. Schliesslich kann man auch andernorts golfen. Entsprechend sind die Hotel-Betreiber mit hohen Anforderungen bezüglich Qualität und Erlebnis konfrontiert. Beispielsweise durch spezielle Service-Dienstleistungen. Die Aufgabe der Hoteliers wird es sein, ein wirklich einzigartiges Produkt anbieten zu können, um sich abzuheben von anderen Anbietern. Denn schliesslich soll rund die Hälfte der Bürgenstock-Gäste aus der Schweiz kommen – und diese haben durchaus andere Optionen.
Ein weiteres Standbein sollen Kongress-Gäste sein. Dass beispielsweise Firmen ihre Tagungen auf dem Bürgenstock abhalten. Jetzt kann man sagen: Im nahen Luzern gibt es ebenso gute, wenn nicht attraktivere Tagungsorte.
Für eintägige Veranstaltungen ist der Bürgenstock tatsächlich weniger geeignet. Weil für solche Anlässe ist die Stadt viel schneller erreichbar und die Umgebung sowie die Infrastruktur sind ebenso attraktiv. Strategisch wichtiger ist es für die Bürgenstock-Hotels, auf mehrtägige Veranstaltungen zu fokussieren: Konferenzen oder Meetings in grösserem oder kleinerem Rahmen. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Anzahl solcher Anlässe zwar jüngst zunehmen, gleichzeitig sinkt aber der Umsatz in dem Bereich.
Wenn überhaupt Gewinn erwirtschaftet wird, muss dieser versteuert werden? Und wenn ja, wo?
Das Bürgenstock-Hoteldorf soll ja ganzjährig attraktiv sein; also auch im Winter viele Gäste anlocken. Was sagen Sie zu diesen Ambitionen?
Hier muss man die Konkurrenz in Andermatt berücksichtigen. Das Resort dort will ebenfalls im Luxussegment punkten, wenn auch mit einer etwas anderen Positionierung. Aber eben auch mit Winterangeboten. Andermatt ist relativ nahe gelegen und kann demnach gerade so attraktiv sein, wie der Bürgenstock.
Neben Andermatt gibt es rund um den Vierwaldstättersee weitere Hotels, die ebenfalls auf wohlhabende Gäste aus sind. Hat da das Angebot des Bürgenstocks überhaupt noch Platz?
Einerseits ja, denn den Bürgenstock kennt man ja aus der Geschichte als Resort. Andererseits darf man nicht vergessen, dass die Konkurrenz am See und andernorts sich in den letzten 15 Jahren in dem Segment positioniert hat. Ihre Abläufe sind eingespielt, die Dienstleistungsketten sind etabliert. Hier muss der Bürgenstock den Gegenbeweis erbringen, dass er an seiner ersten Blütezeit anknüpfen, die zweite tatsächlich starten und sich positionieren kann.
Ob Sie über den See blicken oder auf der anderen Seite in die Berge – Sie können sich fast nicht sattsehen.
Das Forschungsinstitut BAK Basel rechnet damit, dass der Bürgenstock eine jährliche Wertschöpfung von bis zu 140 Millionen Franken bringen wird. Das klingt nach einem Riesenvolumen, von dem auch die Zentralschweiz profitieren soll.
Alleine die ganze Bauphase hat bereits viele Aufträge und damit Beschäftigung und Einkommen in die Region gebracht. Kritischer betrachtet muss man natürlich den Betrieb einbeziehen. Hier reden wir von Gastronomie und Hotelerie – eine Branche, die eher schlechtere Löhne zahlt. Entsprechend werden die Einkommenssteuern eher überschaubar ausfallen. Bezüglich Investoren stellt sich die Frage: Wenn überhaupt Gewinn erwirtschaftet wird, muss dieser versteuert werden? Und wenn ja, wo? Zusätzlich ist offen, wie viel geeignetes Personal in der Region gefunden werden kann. Ein Teil wird sicherlich in anderen Regionen und im Ausland rekrutiert.
Was passiert, wenn die Pläne nicht aufgehen? Nimmt die Region Schaden, wenn die Geschäfte auf dem Bürgenstock nicht laufen?
Ein direkter Schaden ist eher nicht zu erwarten. Denn die mehr als 500 Millionen Franken werden fast ausschliesslich vom Staatsfonds von Katar investiert. Wenn dieser, respektive seine Schweizer Betreibergesellschaft, nun sehr kurzfristig aussteigen sollte, wäre das eher ein Problem. Was würde man mit den Gebäuden machen? Deshalb: Ich glaube, das Ganze ist eher eine Chance. Und man kann hoffen, dass die Investoren, die Region sowie der Kanton erfolgreich daraus hervor gehen.
So will das Bürgenstock-Team punkten
Dass das neue Bürgenstock-Resort ein Erfolg wird, daran zweifelt bei den Verantwortlichen verständlicherweise niemand. An vorderster Front verantwortlich für das Gelingen ist der schweizerisch-kanadische Doppelbürger Steve Nikolov. Gefragt, warum ausgerechnet der Bürgenstock Erfolg haben soll, zitiert Nikolov den bekannten amerikanischen Hotelier Conrad Hilton: «Der Erfolg eines Hotels basiert auf Location, Location, Location.» Der Standort – das sei eines der wichtigsten Merkmale des Bürgenstocks. «Ob Sie über den See blicken oder auf der anderen Seite in die Berge – Sie können sich fast nicht sattsehen.»
Im Moment reist Nikolov durch die ganze Welt, besucht Messen und wirbt für den Bürgenstock. Offenbar mit Erfolg. «Es kommen täglich durchschnittlich acht bis zehn neue Nachfragen. Dabei handelt es sich meist um mehrtägige Anlässe mit jeweils mehr als 100 Personen für mehrere Tage.» Aber die grosse Herausforderung werde es sein, diese Begeisterung über die nächsten Jahre halten zu können. Denn alleine wegen des schönen Ausblicks kommen die Leute nicht.
Entsprechend lockt das Resort mit einem breiten Angebot: Konferenz-Tourismus, Medizinal-Tourismus, Sport, Wellness und diverse Hotels vom 3- bis 5-Stern-Bereich. Dennoch will Nikolov das Hotel-Dorf nicht als Gemischtwarenladen sehen: «Wir setzen gezielt auf diese Strategie, um mit dieser Infrastruktur saisonale Schwankungen abfedern zu können. Letztendlich ist es die Mischung, die den Erfolg zeigen wird.»
Entsprechend solle auch die Kundschaft durchmischt sein; zwar mit klarem Fokus auf wohlhabende Gäste, aber auch «ganz normale» Touristen aus der Umgebung seien auf dem Bürgenstock willkommen.
Regionaljournal Zentralschweiz, 12:03 & 17:30 Uhr