Am Finaltag des Schiess-Weltcups im indischen Neu-Delhi fühlte sich Nina Christen ruhig und konzentriert. Vor zwei Jahren war sie am selben Ort mit dem Gewehr im sogenannten Dreistellungsmatch über 50 Meter schon Fünfte geworden. «Ich spürte, dass an diesem Tag etwas drin liegen könnte.» Erst im Nachhinein merkte sie, dass sie während des Wettkampfs kaum wahrgenommen hatte, was links und rechts von ihr passierte. «Normalerweise kriege ich immer etwas mit. Die Zweitplatzierte zum Beispiel schoss am Tag zuvor genau hinter mir und war recht aggressiv.»
Schubladen im Kopf
Wenn sich Nina Christen abgelenkt fühlt oder ihr nach ein paar schlechteren Schüssen ein Durchhänger droht, öffnet sie eine ihrer Schubladen im Kopf. «In den Schubladen habe ich verschiedene Rezepte, mit denen ich auf die unterschiedlichen Herausforderungen reagiere.»
Ich will zu jedem Zeitpunkt wissen, wo ich stehe, um mit der Situation umzugehen.
Im besagten Weltcup-Final am 26. Februar kam die zweitplatzierte Chinesin bis auf einen halben Punkt an die Nidwaldnerin heran. «Ich wusste, dass es eng wird. Aber ich wusste auch, dass ich sie schlagen kann.» Die 25-Jährige bewies Nervenstärke und behielt die Resultate der Gegnerin stets im Blickfeld. «Ich schaue konsequent auf die Anzeige. Nicht nur im Wettkampf – auch im Training. Ich will zu jedem Zeitpunkt wissen, wo ich stehe, um mit der Situation umzugehen.»
Christen ist Absolventin der Spitzensport-RS und Angehörige der Armee im Grad einer Gefreiten. Darum gehören neben den anstehenden Schiess-Weltcups in Peking und München auch die CISM World Games im chinesischen Wuhan zu den grossen Jahreszielen. Diese World Games sind nach den Olympischen Sommerspielen die zweitgrösste, weltweite Sportveranstaltung. Zuerst aber zählt Nina Christen in einer Woche an der Europameisterschaft im kroatischen Osijek mit dem Luftgewehr über 10 Meter auch wieder zu den Favoritinnen. Ihr Ziel: Der Schweiz einen weiteren Olympia-Startplatz sichern.
SRF 1, Regionaljournal Zentralschweiz, 17:30 Uhr