Die Herkunft eines Täters sage nicht viel über die Taten aus, argumentiert Stadtrat Richard Wolff (AL). Die Stadtpolizei weist deshalb die Nationalität eines mutmasslichen Täters ab sofort nicht mehr automatisch in ihren Mitteilungen aus.
Bevormundend und kontraproduktiv
Bei den Zürcher Medienhäusern kommt diese Massnahme schlecht an: «Richard Wolff nimmt uns Arbeit ab, die wir gerne selber machen würden», sagt zum Beispiel Luzi Bernet von der NZZ. Bis Ende Oktober war er für das Ressort Zürich verantwortlich. Als Journalisten müssten sie laufend filtern, was öffentliche Amtsstellen mitteilten. Ähnlich sehen es die Kollegen von 20 Minuten, Tages-Anzeiger, Blick oder Watson. Sie finden den Entscheid des Zürcher Sicherheitsvorstehers falsch.
Die Leuten haben so noch mehr das Gefühl, alle Täter seien Ausländer.
Sie glauben auch nicht, dass die neue Regelung mithelfen könne, Vorurteile abzubauen. «Eher passiert das Gegenteil», vermutet Hannes Nussbaumer, verantwortlicher Leiter des Zürich Ressorts beim Tages-Anzeiger. «Die Nichtnennung könnte dazu führen, dass die Leute erst recht das Gefühl haben, alle Täter seien Ausländer.»
Für die Medien führt die neue Regelung auf jeden Fall zu einem Mehraufwand. In Zukunft müssten sie von Fall zu Fall entscheiden, ob sie bei der Stadtpolizei nachfragen sollen, heisst es bei den Redaktionen.
Hier die Publizistischen Leitlinien als PDF herunterladen
Wie handhabt es Radio SRF?
Chefredaktorin Lis Borner verweist auf die Publizistischen Leitlinien: Diese besagen, dass die Nationalität nur genannt wird, wenn sie für das Verbrechen von Bedeutung ist, zum Beispiel bei einem Ehrenmord. «Es ist wichtig, nicht einfach Vorurteile zu bedienen», so Borner. Gleichzeitig betont die Chefredaktorin aber auch die Wichtigkeit der Transparenz: «Für uns als Journalistinnen und Journalisten ist es wichtig, dass wir sagen können, was Sache ist.» Habe ein Verbrechen einen ethnischen Hintergrund, müsse man darüber berichten können.