Die Stimmberechtigten der Stadt Zürich müssen erneut an die Urne, um über das Bauprojekt auf dem Hardturm abzustimmen. Denn die IG Freiräume Zürich West hat gegen den privaten Gestaltungsplan «Areal Hardturm-Stadion» das Referendum ergriffen und nun genügend Unterschriften zusammen. Es seien 5005 Unterschriften gegen das «klimaschädliche Bauprojekt» der Credit Suisse und HRS Immobilien zusammengekommen, teilte die IG am Freitag mit. Für ein Referendum sind 2000 Unterschriften nötig.
Konkrete Umsetzung im Fokus
Damit wird die Zürcher Stimmbevölkerung im Mai 2020 nochmals über das Hardturm-Projekt abstimmen. Der private Gestaltungsplan regelt, wie das Areal konkret erschlossen, bebaut und genutzt wird und enthält etwa Bestimmungen über Freiräume, Lärmschutz und Umweltvorgaben. Er war vor allem wegen der Gebäudehöhe der beiden geplanten Hochhäuser nötig: Diese übersteigen mit 137 Meter die in Zürich maximal erlaubten 80 Meter.
Ende Oktober sagten im Stadtparlament FDP, SVP, GLP, EVP und AL Ja zum Gestaltungsplan, die SP enthielt sich, die Grünen sagten Nein. Eine erneute Diskussion kann nur über ein Referendum zum Gestaltungsplan erfolgen. Dies ist nun passiert.
Die Argumente der IG Freiraum Zürich West
Die Interessengemeinschaft führt ökologische Argumente ins Feld. Mediensprecherin Lisa Kromer sagt: «Es geht vor allem um die grossflächige Versiegelung des Areals, die Bauweise der Hochhäuser und dass diese für eine Verdichtung wenig sinnvoll sind.» Das Gebiet Zürich West werde dadurch noch mehr zu einer Hitzeinsel innerhalb der Stadt.
Es braucht ein Korrektiv des Volks zu diesem ungenügenden Projekt.
Die Klimaargumente seien zwar nicht neu, hätten aber durch die Klimabewegung des vergangenen Jahres eine neue Dringlichkeit erhalten. Deshalb sei eine erneute Abstimmung über dasselbe Projekt legitim.
Das sagen die Befürworter des Hardturm-Projekts
Das Klimaargument ist für Isabel Garcia, Fraktionschefin der GLP im Zürcher Stadtparlament, vorgeschoben. Die Versiegelung sei nicht so dramatisch, wie von der IG dargestellt. Die erneute Abstimmung bezeichnet sie deshalb als «Zwängerei».
Das Vorgehen finde ich schon fragwürdig.
Der stadtzürcher Hochbauvorsteher André Odermatt (SP) anerkennt zwar das demokratische Recht der Gegner, das nun genutzt wurde. Gibt aber zu bedenken: «Dass man nun tatsächlich die Stimmberechtigten nochmals bemüht, über dasselbe Projekt abzustimmen, finde ich schon fragwürdig.»
Ein Stadion, zwei Hochhäuser, eine Genossenschaftssiedlung
Das aktuelle Bauprojekt «Ensemble» beinhaltet auf dem rund 55'000 Quadratmeter grossen Areal den Bau von 174 Genossenschaftswohnungen, ein Stadion für rund 18'000 Zuschauerinnen und Zuschauer und zwei 137 Meter hohe Wohn- und Bürotürme mit rund 570 Wohnungen. Die gesamten Kosten belaufen sich auf rund 570 Millionen Franken. Der Stadionbau selbst soll mit den Einnahmen aus den Hochhäusern querfinanziert werden.
Die Stadt Zürich unterstützt das Projekt nicht direkt, gewährt den Bauherren aber einen günstigeren Zins auf das Land, auf dem die Türme stehen werden. Dadurch entgehen ihr wiederkehrende Einnahmen von jährlich maximal 1,7 Millionen Franken.
Nach bisherigen Plänen sollte das Stadion 2022 fertig sein. Die Hochhäuser und Genossenschaftswohnungen sollen dann in Etappen ab 2023 fertiggestellt werden. Dieser Zeitplan verzögert sich nun sicher um ein halbes Jahr. Wird das Projekt «Ensemble» im zweiten Anlauf abgelehnt, müsste die Planung nochmals von Vorne beginnen. Ob die heutigen Investoren dazu Hand bieten, ist mehr als offen.