Lubna Abou Kheir heisst die Eine. Ivna Žic die Andere. Beide sind um die 30. Beide kennen das Gefühl, eine alte und eine neue Heimat zu haben. Ihr Stück «Gebrochenes Licht» geht den Fragen nach, wie sich dieses Gefühl von Hier und Dort, von Gestern und Heute auf die Menschen auswirkt.
Da ist zum Beispiel Maya. Sie hat es sich gut eingerichtet in der neuen Heimat, der Schweiz. So gut, dass sie sich von ihrem Ex Freund Waddah sagen lassen muss: «Auch wenn’s dir jetzt gut geht, du sollst nicht vergessen, was los ist in deinem Heimatland». Nicht gut geht es Mayas Mutter Nada. Sie ist zwischen Syrien und Europa steckengeblieben und lebt seit Jahren in Istanbul. Nada ist die einzige Person auf der Bühne, die emotional wird. Alle anderen lässt Lubna Abou Kheir Sätze sagen, die kühl, sachlich oder voll trockenem Humor sind.
Arabisch denken, deutsch schreiben
Lubna Abou Kheir kam 1992 in Damaskus zur Welt. Sie lebt seit knapp vier Jahren in der Schweiz und sie schreibt in einer ganz eigenen Sprache. «Ich bin in 21 Jahre alt. Vergessen jetzt anfangen, besser als später» lässt sie ihre Bühnenfigur Maya etwa sagen. Ivna Žic ist 1986 in Zagreb geboren und in der Schweiz aufgewachsen. Ihr Debutroman «Die Nachkommende» steht auf der Shortlist des Schweizer Buchpreises 2019. Beide Frauen sind Grenzgängerinnen zwischen den Sprachen und zwischen den Ländern. Und zusammen bringen sie nun «Gebrochenes Licht» ins Theater Neumarkt.
Zwischen den Felsbrocken
Ivna Žic bespielt in ihrer Inszenierung die ganze Länge des Theatersaals. Die Figuren stehen isoliert, jede für sich zwischen einzelnen Felsbrocken. Und die sprachlichen Bögen, die sie zwischen Zürich und Damaskus schlagen, sie bleiben im Raum hängen oder werden von harten Sounds zerschlagen. Anna Hofmann und Sascha Soydan stellen sich als neue Ensemblemitglieder vor. Jung und selbstbewusst ist Anna Hofmann als Maya, Sascha Soydan darf als ihre Mutter Nada auch Schattenseiten und Emotionen zeigen. Und sie tun dem Abend gut, diese seltenen verletzlichen Momente.