Die Stiftung Wildtiere Aargau setzt sich für die Rettung von Rehkitzen ein. Sie hat ein Pilotprojekt gestartet, das Jäger im Aargau als Drohnenpiloten ausbildet. Wenn Bauern ihre Wiesen mähen, übersehen sie die Jungtiere oft. Die Rehgeiss, die Mutter des jungen Tiers, lässt die Tiere extra im hohen Gras. Weil sie nicht riechen, findet sie der Fuchs hier nicht. Im Wald wären sie viel gefährdeter. Im Gras sind sie geschützt.
Einziges Problem am Versteck im Gras: Der Mäher des Bauern kann gefährlich werden und die Jungtiere töten oder verletzen. Für die Bauern sind Kadaver im Heu wiederum schlecht, weil dann das daraus resultierende Tierfutter, das Heu, verseucht ist. Die Kühe sterben daran. Die Rehkitz-Rettung macht folglich für den Wildtier-Bestand aber auch für die Bauern Sinn.
Die Stiftung Wildtiere Aargau hat nun den ersten Kurs für 15 Jäger aus verschiedenen Jagdgesellschaften durchgeführt. Sie alle sind nach drei Tagen Kurs ausgebildete Drohnenpiloten. Theorie, Datenschutz, Flugschulung – die Ausbildung ist vielseitig. Mittels einer Wärmebild-Kamera werden die Rehkitze im Feld identifiziert. Idealerweise passiert das am Morgen ganz früh. Dann ist das Feld kalt und das warme Reh auf dem Monitor deutlich ersichtlich.
Einmal aufgespürt, stülpt im Aargauer Fall der Drohnenpilot/Jäger einen Harrass über das Rehkitz und markiert die Stelle, damit der Bauer hier nicht mäht. Oder er trägt das junge Reh mit Handschuhen an den Waldrand und sichert es hier mit einem Harrass. Maximal drei Stunden, bis dann sei die Mutter bestimmt zurück und suche das Kleine, wissen die Jäger.
«Die Rehkitzrettung mit Thermalkamera und Multikopter in der Luft ist die sicherste Methode, um Rehkitze vor Mähmaschinen zu retten. In den letzten Jahren konnten so in der Schweiz bereits über 394 Rehkitze gerettet werden», argumentiert Rehkitzrettung Schweiz, ein nationaler Verein, auf seiner Website. Mitglieder des Vereins führten die Schulung für die Aargauer Jäger durch.
Die Drohne hat im Aargauer Fall die Stiftung Wildtiere Aargau gesponsert. Drei Stück sind es. Einzelpreis für den Koffer: Total 5700 Franken. Das langfristige Ziel: Jede der rund 200 Jagdgesellschaften im Aargau soll eine Drohne besitzen. Die Kosten für eine flächendeckende Drohnenbeschaffung müssten dann wohl der Kanton oder die Jagdgesellschaften übernehmen. Konkrete Pläne gibt es diesbezüglich noch nicht.
Die Rehkitz-Rettung aus der Luft will gelernt sein. Nach drei Tagen Kurs erhält man ein Zertifikat. Im Aargau besitzen erst 15 Piloten ein solches Diplom. Allesamt sind Jäger, so will es die Stiftung Wildtiere Aargau. Die Jäger seien seit jeher mit der Rettung von Rehkitzen vertraut.
Die Drohnenrettung sei nur ein kleiner Teil eines Ganzen, sagt Andreas Hofstetter, von der Stiftung Wildtiere Aargau. Er ist selber Drohnenpilot und überzeugt, dass Jäger die Richtigen sind, um die Rehkitze und deren Rettung zu betreuen. Auch weil sie mit dem Datenschutz oder den nationalen Flugvorschriften vertraut seien.
«Die Jäger suchen seit Langem für die Bauern die Rehkitze, auch ohne Drohne. Sie stecken Fahnenstangen mit Signalen oder Fahnen mit Plastiksäckchen ins Feld. Das Geräusch stört die Rehgeiss. Sie wird unruhig und holt ihr Rehkitz ab», weiss Kurt Wilborn, Jäger und neu ausgebildeter Drohnenpilot aus Sarmenstorf. Die herkömmliche Methode brauche es weiterhin.
Am 15. Juni, dem offiziellen «Heutag», könne ein Pilot nicht überall sein. Genau deshalb wollen die Jäger nicht unbedingt private Drohnenpiloten auf den Feldern sehen. Es sei ihr Job, ob mit oder ohne Drohne, Rehkitze zu retten, sagt Andreas Hofstetter von der Stiftung Wildtiere Aargau. Deshalb habe man das Ruder in die Hand genommen und die Ausbildung im Aargau lanciert.
Der Aargau ist nicht ganz alleine, aber einer von wenigen Kantonen, der Jäger als Drohnenpiloten ausgebildet hat. Auch die Kantone Appenzell und Graubünden setzten auf die Drohnenausbildung zur Rehkitz-Rettung. Graubünden hat gleich über ein Dutzend Drohnen bestellt.