Das Wichtigste in Kürze:
- Verlustscheine können am 1. Januar 2017 das erste Mal verjähren. Dies aufgrund einer Revision im Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz.
- Den Kantonen drohen deshalb tausende Verlustscheine zu verfallen.
- Bei den Steuerämtern in Deutschschweizer Kantonen verjähren demnach Verlustscheine im Wert von über 500 Millionen Schweizer Franken.
- Die Verjährung kann gestoppt werden. Einige Kantone haben gehandelt und die Frist unterbrochen, andere Kantone hingegen lassen einen Teil der Verlustscheine ungehindert verjähren.
1997 wurde die entsprechende Gesetzesänderung im Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz eingeführt. Damals wurde beschlossen, dass Verlustscheine nach 20 Jahren verjähren können. Ab 1. Januar 2017 tritt sie nun in Kraft.
Betroffen sind also alle Verlustscheine mit dem Jahrgang 1997 oder älter. Diese verjähren nun am 1. Januar 2017 – ausser wenn das Geld vor Ende Jahr mittels Betreibung eingetrieben wird.
Ein Verlustschein wird ausgestellt, wenn bei einem Schuldner kein Geld mehr einzutreiben ist. Betroffen sind auch Steuerschulden – denn wenn Private und Unternehmen in Geldnot geraten, bleiben meistens auch die Steuerschulden liegen.
Verlustscheine betreffen in der Regel Steuerschulden
Wie Recherchen von «10vor10» zeigen, könnten bei den Steuerämtern der Kantone Verlustscheine in Millionenhöhe verjähren. «10vor10» hat bei allen Deutschschweizer Kantonen nachgefragt. Nicht alle Kantone erfassen die Verlustscheine dabei zentral.
12 Kantone konnten die SRF-Anfrage beantworten. Alleine bei diesen Deutschschweizer Kantonen könnten Ende Jahr 525 Millionen Schweizerfranken verjähren (siehe Tabelle unten). Und auch das Eidgenössiche Finanzdepartement sitzt noch auf erfassten Schuldscheinen. Der eigentliche Betrag dürfte jedoch noch höher sein. Ein Grossteil dieser Verlustscheine betreffen Steuerschulden. Steuerrechnungen also, welche nie bezahlt wurden.
Eigeninitiative ist gefragt
Ein Teil dieser Steuerämter hat frühzeitig gehandelt und die Verjährungen unterbrochen – denn nur durch Eigeninitiative verlängert sich die Frist um weitere 20 Jahre. Andere Steuerämter hingegen handeln nicht. Sie lassen die Frist verstreichen und die Beträge in Millionenhöhe verfallen.
Viele Schuldenberater erachten die Verjährung als sinnvoll. «Der Staat sollte verantwortungsvoll vorgehen», fordert Schuldenexperte Mario Roncoroni. Denn das unerwartete Eintreiben einer derart alten Schuld könne viele Betroffene erneut aus dem Gleichgewicht bringen.