Das Schweizer Milizsystem braucht viele Köpfe: Rund 96'000 Personen haben auf kommunaler Ebene ein politisches Amt, rund 13'000 davon sind Exekutivpolitiker. Aber diese Posten zu besetzen fällt der Hälfte der Gemeinden schwer, das zeigt das neuste Gemeindemonitoring des Schweizerischen Instituts für öffentliches Management.
40,2 Prozent der Gemeinden bezeichnen die Personal-Rekrutierung für Gemeinderat und Gemeindepräsidium als schwierig, 9,2 Prozent sogar als sehr schwierig. Wie in Boningen (SO). In der 800-Seelen-Gemeinde zwischen Olten und Langenthal sind am 21. Mai Wahlen. Bis auf den Präsidenten tritt der ganze Gemeinderat zurück. Die «Rundschau» war vor Ort.
Harzige Kandidatensuche
Kandidaten für die vier vakanten Posten zu finden war harzig. «Von den möglichen Namen, die wir im Parteivorstand diskutiert haben, wollte niemand», sagt Urs Schenker, der als Präsident der lokalen FDP für einen Sitz Ersatz suchen musste. Schliesslich haben sich in Boningen vier Kandidaten gefunden – und die sind mangels Konkurrenz auch gleich gewählt.
Das Gemeindemonitoring zeigt: In jeder fünften Schweizer Gemeinde war die letzte Wahl eine solche «stille Wahl». Bei den Gemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern war das sogar in jeder vierten Gemeinde der Fall. Neben der Arbeit noch einem politischen Amt nachzugehen, das wollen immer weniger Menschen.
Viel Arbeit, wenig Prestige
Gemeindepolitik ist nicht prestigeträchtig aber zeitaufwändig. Sitzungen mit Gemeinderat, Verwaltung, Kommissionen – und an Weihnachten die betagten Boninger im Altersheim besuchen: Die Pflichten des Gemeindepräsidenten Manfred Zimmerli summieren sich zu einem Pensum von etwa 30 Prozent. Dafür erhält Zimmerli rund 1700 Franken pro Monat.
Zimmerli hat eine volle Stelle bei der Post, Gemeindepräsident ist er am Feierabend und am Wochenende. «In manchen Wochen bin ich jeden Abend an einem Anlass, da leidet das Privatleben schon.» Eine zweite Legislatur hängt Zimmerli noch an, um Kontinuität zu gewähren. «Danach will ich ein bisschen Freizeit zurück.»