Als die ganze IT-Abteilung nach Polen verlagert wurde, stand Urs Schibli plötzlich auf der Strasse. Seither sind zweieinhalb Jahren vergangen und der 55-Jährige ist noch immer auf Arbeitssuche. 400 Bewerbungen hat er geschrieben – erfolglos.
Und das, obwohl der IT-Supporter auch für weniger Lohn arbeiten würde, als er früher verdient hat. Dass er jahrelang bei einer Grossbank angestellt war, wird ihm bei der Stellensuche nun zum Nachteil – gerade gegenüber Mitbewerbern, die sich weniger Lohn gewohnt sind.
Die Suche nach einem Plan B
«Man sucht bevorzugt junge Mitarbeiter. Oft steht in den Stelleninseraten: bis 35 Jahre oder bis 40 Jahre. Das ist schon etwas diskriminierend», bilanziert Schibli, der von den Ersparnissen zehrt, die er eigentlich für das Alter vorgesehen hatte.
Mittlerweile hat er auch versucht, in früheren Tätigkeiten wieder Fuss zu fassen. «Ich habe einmal den Lastwagen-Führerschein gemacht. Wenn alle Stricke reissen, bekomme ich sicher einen Job als Chauffeur – dachte ich mir. Doch das ist auch nicht so einfach, weil mir die Erfahrung fehlt.»
Kaum je ein Vorstellungsgespräch
Nach 30 Jahren stehe man plötzlich mit einer Kartonschachtel und seinen Siebensachen auf der Strasse. «Und dies, obwohl man erfolgreich gearbeitet hat», kritisiert Daniel Neugart. Ihm ist dasselbe vor vier Jahren passiert.
Als er keine Stelle mehr fand, gründete er den Verband «Save 50 Plus». Neugart berät Stellensuchende ab 50, wie sie auf dem Arbeitsmarkt auftreten müssen, um gehört zu werden. Das Hauptproblem: Arbeitssuchende über 50 kommen oft gar nicht dazu, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren.
Der Jahrgang als Barriere
Das Problem der Arbeitssuchenden über 50 werde immer grösser, warnt Jürg Zimmermann. Er ist Chef einer Personalfirma, die sich auf das Vermitteln von über 50-Jährigen spezialisiert hat. Das liege auch an der Demographie: Die Babyboomer-Generation komme nun in das kritische Alter zwischen 50 und 60. Dementsprechend gebe es dort immer mehr Arbeitslose.
Laut Zimmermann scheitern ältere Arbeitslose oft schon daran, dass Bewerbungen ab einem bestimmten Jahrgang automatisch wieder zurückgeschickt werden.
Werde man doch einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, so sei dieses erst recht eine Herausforderung: «Wenn man vor lauter Absagen psychisch am Boden ist, dann ist es sehr schwierig, ein erfolgreiches Bewerbungsgespräch zu führen. Und doch muss man sich möglichst gut präsentieren.»
Urs Schibli will sich von all dem nicht entmutigen lassen. Er ist überzeugt, dass es für ihn einen Weg zurück in die Arbeitswelt gibt: «Man muss einfach immer am Ball bleiben, trotz allem. Früher oder später gibt es eine Zusage.»