War es vorsätzliche Tötung, als ein Autofahrer mit bis zu 150 Kilometern pro Stunde in ein anderes Auto gefahren ist und dabei drei Menschen gestorben sind? Mit dieser Frage befasst sich ab heute Montag das Bezirksgericht Brugg. Angeklagt ist ein heute 47-jähriger Mann, der vor zwei Jahren auf der Autobahn A3 bei Effingen im Fricktal einen tödlichen Unfall verursachte. Er soll laut Anklage sieben Jahre ins Gefängnis und eine ambulante Therapie machen. Danach soll der Montenegriner zehn Jahre des Landes verwiesen werden.
Mit dem Porsche ungebremst in eine Autokolonne
Die Aargauer Staatsanwaltschaft fordert eine Verurteilung wegen mehrfacher vorsätzlicher Tötung. Es steht also der Vorwurf im Raum, dass der Mann drei Menschen absichtlich umgebracht hat – und ob es somit überhaupt ein Unfall war.
Der Angeklagte hatte mit einem Porsche Cayenne vor dem Bözbergtunnel eine langsam fahrende Autokolonne überholt, die sich wegen einer Baustelle staute. Dabei fuhr er laut Anklageschrift mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 150 Kilometern pro Stunde auf dem gesperrten Überholstreifen.
Vor einem Signalisationsfahrzeug wechselte er auf die Normalspur und prallte laut der Staatsanwaltschaft mit mindestens 133 in ein Auto – ungebremst, wie Zeugen aussagten. Das Auto wurde in das Heck eines Lastwagens geschoben und zerquetscht. Die drei Insassen im Alter zwischen 42 und 64 Jahren kamen dabei ums Leben. Das Auto war so demoliert, dass die Retter zuerst nicht wussten, wie viele Personen sich darin befanden.
Der Unfallfahrer flüchtete unverletzt zu Fuss, die Polizei nahm in kurz darauf fest. Er kam in eine psychiatrische Klinik. Laut eines psychiatrischen Gutachtens war der Mann zur Zeit des Unfalls wegen psychischer Problemen nicht ganz zurechnungsfähig. Er sei zu diesem Zeitpunkt in einer Krise gesteckt.
Absichtlich nicht gestoppt?
Vor dem Bezirksgericht Brugg wurde die Frage diskutiert, ob sich der Angeklagte mit dem Unfall am 27. November 2019 das Leben nehmen wollte. Laut dem Gutachter wäre dies ein möglicher Grund für die Handlung. Der Mann habe den Porsche offensichtlich nicht abgebremst vor dem Unfall – und dies, obwohl er genügend Zeit und Raum gehabt hätte.
Suizidabsichten habe er aber nicht gehabt, sagte der Angeklagte. Ein langer Brief an seine Kinder, den er bei der Unfallfahrt bei sich hatte, sei kein Abschiedsbrief gewesen. Vor dem Unfall sei er ziellos über die Autobahn gefahren. Im Gegensatz zu einer früheren Befragung kann sich der Mann laut eigenen Angaben heute nicht mehr an viele Einzelheiten erinnern.
Er sagte, es tue ihm leid, dass beim Unfall drei Menschen ums Leben gekommen seien. Dafür entschuldige er sich bei den Angehörigen.
Schlechter psychischer Zustand
Die Ehefrau sagte aus, dass sie ihrem Mann im Oktober 2019 mitgeteilt habe, dass sie ihn verlassen wolle. Er habe ihr vorgeworfen, sie betrüge ihn. Ihr Mann sei zu dieser Zeit in einem schlechten psychischen Zustand gewesen. Sie habe ihn zuvor immer als vorsichtigen Autofahrer erlebt.
Am Dienstag halten Anklage und Verteidigung ihre Plädoyers. Die Staatsanwaltschaft erklärt, warum sie Absicht hinter dem Vorfall vermutet. Das Urteil des Bezirksgerichts Brugg wird voraussichtlich am Mittwochnachmittag bekannt gegeben.