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Reiseversicherung bestraft Alte mit Selbstbehalt
Aus Espresso vom 14.06.2016. Bild: Colourbox
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Schweiz Reiseversicherung bestraft Alte mit Selbstbehalt

Ein Unfall oder Krankheit lässt den Traum von der grossen Ferienreise platzen. Für solche Fälle schliessen viele eine Reiseversicherung ab. Ein «Kassensturz»-Vergleich zeigt: Im Kleingedruckten lauern Stolpersteine. Die Europäische Reiseversicherung ERV bestraft zum Beispiel, wer älter als 65 ist.

Martin Angst und seine Frau hatten sich lange auf ihre grossen Ferien gefreut. Zusammen mit ihrer Familie wollten sie während rund vier Wochen Australien bereisen. Wollten. «Einen Monat vor dem Abflug spürte meine Frau plötzlich rasende Schmerzen im Rücken», erinnert sich Martin Angst. Nach einem Arztbesuch war klar: Ein Bandscheibenvorfall. An eine Australienreise war nicht mehr zu denken.

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«Kassensturz» hat zwölf Reiseversicherungen verglichen. Fazit: Nicht alle sind empfehlenswert. Die Resutlate gibt's um 21.05 Uhr auf SRF 1.

Zum Glück hatte Martin Angst eine Reiseversicherung abgeschlossen. Der pensionierte Businessanalyst informiert sofort seine Versicherung – die Europäische Reiseversicherung (ERV) – und annulliert sämtliche Flüge und Hotelbuchungen.

Für die Europäische Reiseversicherung sind Alte ein Risiko

Zwar übernimmt die ERV den grössten Teil der damit verbundenen Annullierungskosten. Martin Angst bekommt aber einen Selbstbehalt von 10 Prozent aufgebrummt. Grund: Angst ist als Senior für die ERV offenbar ein grösseres Risiko. Und tatsächlich: Laut Allgemeinen Versicherungsbedingungen bezahlen bei der ERV über 65-Jährige in einem Schadenfall einen Selbstbehalt von 10 Prozent, mindestens aber 100 Franken. Martin Angst fühlt sich diskriminiert. «Ältere Personen haben vielleicht ein höheres Krankheitsrisiko als jüngere. Dafür müssen jüngere Leute wahrscheinlich häufiger eine Reise absagen, weil sie die Stelle verlieren oder weil ein Kind oder ein Angehöriger krank wird».

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Für den St. Galler Rechtsprofessor und Versicherungsspezialisten Vito Roberto sind solche Klauseln tatsächlich heikel. «Die Versicherung müsste aufgrund seriöser Statistiken belegen können, dass ältere Personen häufiger eine Reise absagen müssen. Nur dann sind risikogruppenabhängige Klauseln zulässig.» Kann eine Versicherung keine sachliche Begründung für einen solchen Selbstbehalt erbringen, würde die Klausel gegen das Diskriminierungsverbot verstossen und wäre ungültig.

Nach ihren Erfahrungen würden Senioren über 65 Reisen etwa doppelt so häufig absagen wie jüngere, schreibt die ERV an «Espresso», das Konsumentenmagazin von Radio SRF 1, in ihrer Stellungnahme. Statt die Prämie für alle Versicherten zu erhöhen, habe man sich für den Selbstbehalt entschieden. Dies sei konsumentenfreundlicher.

Chronisch Kranke sind bei vielen Reiseversicherungen benachteiligt

Die Europäische Reiseversicherung ist im Moment die einzige Versicherung mit einem solchen «Altersselbstbehalt». Aber auch andere Versicherungen versuchen mit allerlei Klauseln, bestimmte Risikogruppen auszuschliessen. Häufig sind Leistungsausschlüsse bei Menschen mit chronischen oder psychischen Leiden. Besonders stossend: Es gibt Versicherungen, die selbst dann nicht bezahlen, wenn ein Leiden zwar noch nicht aufgetreten ist, jedoch «hypothetisch» hätte festgestellt werden können. Wiederum andere bezahlen bei chronischen Krankheiten nur, wenn der Versicherte zum Zeitpunkt der Buchung der Reise über ein ärztliches «Reisefähigkeitszeugnis» verfügt.

Versicherungsbedingungen vergleichen kann sich bezahlt machen

Wer also die Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht genau liest und vor der Buchung ein solches Attest besorgt, bleibt im Schadenfall unter Umständen auf seinen Kosten sitzen. Trotz Reiseversicherung.

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