SRF: Wie sieht Ihre Strategie für die verschiedenen «Blick»-Titel aus?
Wolfgang Büchner: Wir wollen die «Blick»-Gruppe ausrichten auf den Markt, der sich nun mal verändert. Auf die Nutzungsgewohnheiten der Leser und User. Es ist wichtig, dass wir dort sind, wo unsere Leser und User sind. Das war in der alten Zeit die Zeitung, und da war es wichtig, in den Briefkästen zu sein und am Kiosk. In der neuen Zeit sind das immer mehr die Smartphones und die Tablets mit denen die Medien konsumiert werden und auf den Smartphones sind es immer häufiger Anwendungen wie Facebook, die den Markt beherrschen. Also müssen wir auch dort sein.
Der «Blick» ist hierzulande immer noch eine Institution, die grösste Bezahlzeitung der Schweiz. Was für eine Art von Boulevard wollen Sie mit dem «Blick» machen?
Der «Blick» muss eine schnelle, intelligente, leidenschaftlich gemachte Zeitung sein; es braucht einen klugen, emotionalen, unterhaltsamen Journalismus, im gedruckten «Blick» wie auch auf allen digitalen Plattformen.
Aber diese Boulevard-Herangehensweise, die Bissigkeit, die Zuspitzung, Sex und Crime, das fehlt dem «Blick» in letzter Zeit. Wo ist das geblieben?
Das ist alles da, das gehört auch alles dazu. Horaz hat einmal gesagt, es sei die Aufgabe des Poeten, zu unterhalten und zu nützen. Das Unterhaltungselement ist ganz wichtig. Dazu gehören People, Sex, dazu gehört alles, was das Leben ausmacht. Aber selbstverständlich gehört dazu auch zu wissen, was passiert ist in der Welt und in der Schweiz. Das war schon zu Zeiten so, als sich die Leute vor dem Lagerfeuer versammelten: Was ist passiert und wer mit wem? Das gehört beides zusammen zum Angebot einer Boulevardzeitung, auch im Netz.
Ich störe mich überhaupt nicht an Sex-Geschichten. Woran ich mich stören würde ist, wenn wir einen sexistischen Ton hätten.
Jüngst war zu lesen, Sie würden sich stören an zu viel nackter Haut im «Blick».
Nein, ich störe mich überhaupt nicht an Sex-Geschichten. Woran ich mich stören würde ist, wenn wir einen sexistischen Ton hätten. Aber den haben wir nicht. Da finden wir einen sehr guten Weg.
Das gehört zum Leben, zu dem, worüber die Leute reden, und das gehört ganz klar zu unserem Programm.
Künftig wird der Blick nicht mehr von einem Chefredaktor geleitet, sondern von einem Team, das gemeinsam alle gedruckten und digitalen Inhalte der Blick-Gruppe verwaltet. Geht so nicht das Profil des Blicks verloren?
Ich finde es erstaunlich, wie zum Teil behauptet wurde, der «Blick» habe künftig keinen Chefredaktor mehr! Wir organisieren unseren Newsroom neu, das ist richtig. Aber der «Blick» hat weiterhin eine Chefredaktion, das Duo Iris Mayer und Peter Röthlisberger. Sie werden künftig ab Februar 2016 direkt verantwortlich sein für den «Blick» als Zeitung, aber darüber hinaus auch für die digitalen Angebote und für den «Blick am Abend». Der Aufgabenbereich ist grösser geworden, deshalb arbeiten die beiden auch mit Stellvertretern, die sich speziell um die Zeitungen und um die Websites kümmern. Aber Iris Mayer und Peter Röthlisberger sind zusammen Chefredaktoren des «Blick», mit allen Rechten und Pflichten. Und das Profil des «Blick», wie ich es oben geschildert habe, wird auch künftig so sein.
Das Duo ersetzt den bisherigen Chefredaktor René Lüchinger. Was hat der falsch gemacht?
Überhaupt nichts. Wir haben in hervorragenden Gesprächen gemeinsam herausgefunden, dass Lüchinger seine Fähigkeiten für die «Blick»-Gruppe noch mehr ausspielen kann, wenn er sich auf das Recherchieren und Schreiben konzentriert. Ich bin sehr glücklich, dass wir ihn als einen führenden publizistischen Kopf in der Chefredaktion der «Blick»-Gruppe halten konnten.
Als man Lüchinger vor zwei Jahren holte, da hiess es, man wolle den «Blick» wieder zu einer gewichtigen Stimme in Wirtschaft und Politik machen. Würden Sie denn nun sagen, das sei gelungen?
Lüchinger ist einen sehr guten Weg gegangen mit seinen Kollegen, und genau diesen Weg wollen wir auch weiter gehen.
Die «Blick»-Gruppe hatte mehrmals deutsche Chefredaktoren, die zum Teil nach kurzer Zeit schon wieder gingen. Ist das Duo Mayer/Röthlisberger in einem Jahr noch an der Spitze des «Blicks»?
Davon gehe ich klar aus, ja.
Wie lange dauert es, bis auch der «Sonntags-Blick» zu einem weiteren Channel der «Blick»-Gruppe wird?
Dafür gibt es keine Pläne. Wir wollen mit unserem neu organisierten Newsroom die tagesaktuellen Titel steuern. Der «Sonntags-Blick» hat nochmals einen ganz anderen Rhythmus, eine eigene Struktur, und deshalb ist es sinnvoll, ihn als eine eigene Einheit zu behalten.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy