Die Regierung lenkt, das Parlament denkt. Jetzt will das Parlament mehr und dabei vor allem längerfristig und vorausschauender mitdenken. Im Nationalrat gab es eine morgenfüllende Debatte über das neue Führungsmodell des Bundes (NFB) und damit über eine moderne Form von New Public Management.
«Gouverner c’est prévoir», umschreibt der Schyzer CVP-Politiker Alois Gmür die neue Strategie. Das Parlament soll nicht mehr nur alljährlich von Budget zu Budget hüpfen, sondern den Blick stärker auf morgen und übermorgen richten. Es soll strategischer denken und lenken. Die Verwaltung soll die ihr gesetzten Ziele verfolgen, aber mehr Freiheiten haben: Sie kann Geld dort und so einsetzen, wie sie es für richtig erachtet und auch Reserven anhäufen.
Wird das Parlament geschwächt?
Nichts davon hält der Zuger Thomas Aeschi von der SVP: «Wir haben hier grosse Befürchtungen, dass in Zukunft die Verwaltung noch stärker und das Parlament noch schwächer wird. Genau dies passiere, wenn künftig nicht mehr Punkt für Punkt, sondern generell über Globalbudgets entschieden werde.
Urs Gasche von der BDP widerspricht. Es sei die Verwaltung, die an Einfluss verliere. Als ehemaliger Berner Regierungsrat musste er ein entsprechendes Führungsmodell umsetzen. Er kommt zum Schluss: «Ich war als Finanzdirektor mächtiger, aber nicht im Verhältnis zum Parlament, sondern im Verhältnis zur Verwaltung.» Selbst wenn die Verwaltung mehr und selbständiger entscheide, könne sie das nur im Rahmen des Budgets und der Zielvorgaben tun.
Konzentration auf die grossen LInien
Wenn das Parlament weniger auf Details fokussierte «Schmürzelipolitik» mache und mehr mit politischer Weitsicht steuern könne, erhöhe das sogar den Einfluss des Parlaments, findet die Ratsmehrheit.
Wenn man Politik als Steuerung und Festlegung der strategischen Leitplanken verstehe, werde dieses System einen Gewinn bringen, prognostiziert FDP-Nationalrat Kurt Fluri. Er hat es im Kanton Solothurn im Parlament erlebt: Statt beim Budget über relativ unbedeutende und eher symbolische Beträge zu diskutieren, konzentriere man sich besser auf die grossen Linien. Dies werde mit dem neuen Modell eher möglich. Das bringe viel.
Der Nationalrat hat dem Parlament heute zusätzlich Macht eingebaut: Neu soll es dem Bundesrat rasch Änderungsaufträge erteilen können. Dennoch befürchtet die SVP, dass künftig das Geld nicht effizienter eingesetzt, sondern mehr ausgegeben wird.
Gegen das «Dezemberfieber»
Jedes Amt könne in Zukunft nicht gebrauchte Gelder in ein eigenes Kässeli stecken und so über die Jahre Geld anhäufen, kritisiert Aeschi: «Wir befürchten, dass man so zu viel budgetiert, damit man dieses Kässeli alimentieren kann. Das lehnen wir strikte ab.»
Nach den Worten von Fluri ist das Gegenteil der Fall: Die Verwaltung werde dazu angehalten, Geld gezielter und wirtschaftlicher einzusetzen. Kredite müssten auch nicht innerhalb des Kreditjahres aufgebraucht werden: Das berühmte Dezemberfieber sei weniger attraktiv und man denke eher über die Jahreswende hinaus.
Die Chefs in der Verwaltung sollen mehr führen und unternehmerischer denken, ohne aber den Staat zur Unternehmung zu machen. Da ist auch die Politik gefordert: Sie muss weitsichtiger agieren, stärker kontrollieren und allenfalls korrigieren. Anspruchsvoller wird es auch für den Bundesrat, wenn das Parlament mitlenkt und Ziele beeinflusst. Alles in allem – die Umsetzung des neuen Führungsmodells wird zu einer Herkulesaufgabe.