- Geht es nach dem Ständerat, soll die Verjährungsfrist von dreissig Jahren für lebenslange Strafen fallen.
- Die kleine Kammer hat eine entsprechende Standesinitiative des Kantons St. Gallen im zweiten Anlauf mit 21 zu 20 Stimmen gutgeheissen.
- Der Nationalrat hatte dem Anliegen bereits zugestimmt.
Die Verjährungsfrist für lebenslange Strafen – beispielsweise bei Mord – soll von dreissig Jahren auf unverjährbar angehoben werden: Mit dieser Forderung gelang der St. Galler Kantonsrat vor zwei Jahren an die Bundesversammlung. In einer Standesinitiative verlangte er, das Strafgesetzbuch entsprechend zu ändern. Denn andere Länder kennen eine solche Regelung bereits: In Deutschland beispielsweise ist Mord unverjährbar.
Die Begründung des Anliegens: Mit der Entwicklung von DNA-Analysen stünden den Ermittlungs- und Fahndungsbehörden technische Möglichkeiten zur Verfügung, mit welchen auch lange Zeit nach der Straftat noch Beweise hervorgebracht werden könnten. Täter könnten so noch Jahre später überführt werden.
Kommissionsminderheit obsiegt
Ähnlich verliefen die Argumentationslinien im Ständerat. In der kleinen Kammer setzte sich letztlich die Kommissionsminderheit um Daniel Jositsch (SP/ZH) hauchdünn durch. Bei schwersten Verbrechen wie Mord heile die sprichwörtliche Zeit eben nicht alle Wunden, sagte Jositsch. «Die Zeit muss auf der Seite der Opfer stehen.»
Zudem sei es unlogisch, für Mord – also das «schwerere Delikt» – eine Verjährungsfrist zu haben, für sexuelle Straftaten an Kindern jedoch nicht mehr.
Gegner führen Gefahr von Fehlurteilen ins Feld
Die Wunden heilen könne nur die Aufklärung des Falles, erklärte dagegen Mathias Zopfi (Grüne/GL), und da bringe eine Abschaffung der Verjährungsfrist nichts – im Gegenteil: Die Gefahr von Fehlurteilen oder Freisprüchen werde Jahrzehnte nach einer Tat grösser.
Wir kreieren nur mehr Dramen und Desaster, wenn wir die Verjährungsfrist aufheben.
In die gleiche Kerbe schlug Beat Rieder (Mitte/VS): «Wir kreieren nur mehr Dramen und Desaster, wenn wir die Verjährungsfrist aufheben.» Die Strafverfolgungsbehörden hätten heute viele neue moderne Mittel wie DNA-Profile oder die Phänotypisierung in den Händen, was eine rasche und hohe Aufklärungsquote begünstige.
Philippe Bauer (FDP/NE) verwies ferner auf das rechtsstaatliche Grundprinzip: Das oberste Ziel des Strafrechtes sei nicht die Bestrafung, sondern die Stärkung des sozialen Friedens – auch wenn dies für Opfer wohl schwer zu akzeptieren sei. Doch auch bei schlimmsten Verbrechen habe die Gesellschaft irgendeinmal ein Anrecht darauf, die Sache ruhen zu lassen.
Kommission muss Gesetzesvorlage zimmern
Das Geschäft wird nun erneut einem der Räte zur Erstbehandlung zugewiesen: Die zuständige Kommission muss dann innerhalb von zwei Jahren eine Gesetzesvorlage ausarbeiten.
Die entsprechenden Diskussionen dürften lebhaft und die Abstimmungsergebnisse knapp bleiben.