Alle Jahre wieder: Den Gesundheits-Check im Bundeshaus lassen sich viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht entgehen. Mal eben im Vorbeigehen ein paar Laborwerte checken lassen – wieso nicht?
Grundtenor: «Eine gute Sache.» «Eigentlich sollte die gesamte Bevölkerung regelmässig den Gesundheitszustand testen lassen.» «Früh erkannte Leiden könnten so besser und billiger behandelt werden.»
Solche Checks werden massiv gepusht, weil sie für die Anbieter auch sehr lukrativ sind.
Regelmässige Check-ups für Jung und Alt – auch wenn man sich kerngesund fühlt. Diese Botschaft findet Thomas Rosemann problematisch. «Solche Checks werden massiv gepusht, weil sie für die Anbieter auch sehr lukrativ sind», meint der Direktor des Institutes für Hausarztmedizin an der Universität Zürich.
Denn auch wenn es natürlich grundsätzlich stimme, dass vorsorgen besser ist als heilen, müsse man das differenziert sehen. Je nach Erkrankung. Und es gelte, die individuellen Risiken zu berücksichtigen.
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema wirft definitiv Fragen auf. So hatten regelmässige Checkups bei Gesunden beispielsweise keinen Einfluss auf die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und damit verbundenen Herzinfarkten oder Schlaganfällen.
Wer viel misst, misst auch viel Mist
Auch aus finanzieller Sicht machen Checkups bei Gesunden ohne erkennbares individuelles Risiko keinen Sinn: «Oft gibt es bei Screening-Untersuchungen Befunde, die überhaupt keinen Krankheitswert haben, die man aber weiter abklären muss», weiss Thomas Rosemann. «Das ist wiederum mit Kosten verbunden – und teilweise auch mit Risiken, wenn die Abklärung invasiv ist.»
Oliver Senn vom Institut für Hausarztmedizin der Universität Zürich teilt Rosemanns Skepsis bezüglich genereller Screenings. «Die Untersuchungen für sich haben alle ihren Stellenwert. Aber bevor man eine macht, sollte man das individuelle Risiko abklären.» Bei einer Nichtraucherin ohne Atembeschwerden einfach mal einen Lungenfunktionstest machen? Wenig sinnvoll.
Welche Tests sind wirklich wichtig?
Eine kleine Zahl Untersuchungen macht – abhängig von Alter und Geschlecht – anerkanntermassen auch ohne Symptome oder spezielle Vorbelastungen Sinn.
Bei der Frau im Fokus: Blutdruck, Gebärmutterhalskrebs, Cholesterin, Darmkrebs.
Beim Mann im Fokus: Blutdruck, Cholesterin, Darmkrebs.
Prominente Abwesende in dieser Auflistung: Mammografie und PSA-Test. Einst Hoffnungsträger im Kampf gegen Brustkrebs und Prostatakrebs werden sie heute nur noch nach einer individuellen Abklärung empfohlen.