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Umstrittenes «Dampfen» E-Zigaretten als Ausstiegshilfe oder Einstiegsdroge?

Studien belegen den Nutzen beim Rauchstopp, doch Schweizer Ärzte stossen sich am Nikotinsuchtpotenzial des «Dampfens».

Dampfen statt Rauchen: Dass die E-Zigarette die bessere Alternative ist, steht für überzeugte «Vaper» längst fest.

Gleicher Meinung ist der englische Gesundheitsforscher Peter Hajek, der in einer Vergleichsstudie untersucht hat, wie erfolgreich Nikotinersatzprodukte oder nikotinhaltige E-Zigaretten beim Rauchstopp sind. Fazit seiner Studie: Mit E-Zigaretten waren nach einem Jahr doppelt so viele tabakfrei, nämlich rund 20 Prozent.

Dass die meisten an der nikotinhaltigen E-Zigarette hängen bleiben, ist für ihn das deutlich kleinere Übel: «Rauchen verursacht verschiedene Krebserkrankungen, Schlaganfall, Herzinfarkt, COPD – schreckliche Leiden, und sie alle kommen vom Rauch, nicht vom Nikotin.»

Dampfen ist besser als Rauchen: Auf diesen Standpunkt stellte sich in der Schweiz die Föderation der Suchtfachleute bereits im November 2017 und forderte mit «verdampfen statt verbrennen» einen Kurswechsel in der Tabakpolitik: «E-Zigaretten sind als wirksames Instrument der Schadenminderung anzuerkennen.»

Die Lungenliga gibt sich damit nicht zufrieden. Ihr Ziel: Ausstieg statt Umstieg. Bei Bedarf empfiehlt man Rauchern dafür Nikotinersatzprodukte, die wissenschaftlich geprüft sind. In diese Kategorie fallen E-Zigaretten für Tabakpräventions-Projektleiterin Claudia Künzli nicht: «Nebst dem Nikotin ist auch ein Chemikaliengemisch enthalten. Niemand weiss, wie sich der langfristige Konsum auswirkt.»

Studie: Wie schädlich ist Dampfen?

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Ob und wie schädlich das Dampfen ist, wird derzeit am Inselspital Bern im Rahmen einer klinischen Studie untersucht.

Ziel der Studie ist, zu untersuchen,

  • ob nikotinhaltige Vaporizer zur Rauchentwöhnung wirksam und sicher sind,
  • welche Effekte die Vaporizer bzgl. Exposition toxischer Komponenten haben,
  • ob sich respiratorische Symptome, oxidativer Stress oder kardiovaskuläre Risikofaktoren verbessern.

Für die Studie werden aktuell noch Rauchstoppwillige als Teilnehmer gesucht.

Informationen und Anmeldemöglichkeit

Am besten ist es natürlich, sich weder Dampf noch Rauch in die Lunge zu ziehen. Darin sind sich alle einig. «Da es aber beides gibt, ist der Wechsel vom Rauchen aufs Dampfen ein grosser Gewinn für die Betroffenen wie auch fürs Gesundheitswesen», ist Peter Hajek überzeugt.

Das findet auch die Suchthilfe Solothurn Ost, die als bisher einzige auf Verdampfer zur Rauchentwöhnung setzt. «Seit Jahren stagnieren die Raucherzahlen in der Schweiz bei 26, 27 Prozent», betont Geschäftsführer Reno Sani. Da sei es an der Zeit, mal etwas anderes auszuprobieren.

Der Erfolg scheint dem Pilotprojekt der Solothurner Recht zu geben: In nur zwei Monaten haben sich bereits 60 Raucher gemeldet – mehr als Reno Sani für das ganze Jahr erwartet hat.

Einstiegsdroge für jugendliche Nichtraucher?

Als Um- und Ausstiegshilfe geniessen die Verdampfer also einigen Kredit. Zugleich werden sie aber auch als Gefahr für jugendliche Nichtraucher gesehen, die über bewusst als «cool» beworbene Geräte in die Nikotin- und später Tabaksucht hineinrutschen können.

Prominentes Beispiel: die neue E-Zigarette «Juul». In den USA setzte die Werbung gezielt auf junge Konsumenten, was dazu führte, dass bereits drei Millionen amerikanische Jugendliche regelmässig dampfen sollen. Seit Dezember ist das Produkt auch hierzulande erhältlich.

Grund genug für rund 50 Präventivmediziner und Gesundheitsorganisationen, einen Aufruf an die National- und Ständeräte zu lancieren, in dem die Fachleute eindringlich vor den Gefahren der E-Zigaretten warnen.

Ihr Ziel: Der konsequente Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakwerbung jeglicher Art – zu der Lungenarzt Macé Schuurmans auch die Werbung für E-Zigaretten zählt.

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