Für den Schweizer Architekt und Stadtplaner Le Corbusier war zu Beginn des 20. Jahrhunderts klar: Die schnell wachsenden Städte müssen aufgeräumt werden, sonst drohen sie im Chaos zu versinken. Es ist die Zeit der Industrialisierung. Überall entstehen neue Fabriken und mit ihnen neue Jobs. Viele Menschen zieht es deshalb in die Städte. Die Lebensbedingungen aber sind dort oft katastrophal.
Um Ordnung zu schaffen, setzt der Stadtplaner Le Corbusier auf die sogenannten funktionalen Städte: Er will Wohn-, Arbeits-, und Freizeitquartiere voneinander trennen. Dabei helfen soll eine damals noch junge Erfindung: das Auto. Mit dem Wagen sollen die Menschen die Distanzen zwischen den unterschiedlichen funktionalen Quartieren überwinden.
Fortan und Le Corbusiers Vorstellungen entsprechend werden ganze Städte nach den Bedürfnissen des Autoverkehrs gebaut. Bis heute prägen seine Pläne die Struktur vieler Orte. Dem Autofahrer wird am meisten Platz auf der Strasse zugesprochen, 30 Mal mehr als einer Fussgängerin und viermal so viel als einem Velofahrer.
Doch seit den 1970er Jahren macht sich Widerstand gegen den Verkehr breit. «Wir müssen uns die Strassenräume zurückerobern», sagt der Soziologe und Verkehrsplaner Jonas Bubenhofer. Nach seinen Vorstellungen sollen Strassen wieder mehr zu Lebensräumen werden, die öffentlich von allen gestaltet werden können. Wie schnell sich Städte verändern können, hat das Jahr 2020 gezeigt. Während der Corona-Pandemie sind vielerorts Pop-Up-Velowege und temporäre Fussgängerzonen entstanden. Manche Städte haben Autos ganz verbannt.