In unserer Gesellschaft hat es kaum Platz für den Tod. Oder warum fällt es uns so schwer, öffentlich um die Opfer der Corona-Pandemie zu trauern?
Während der Corona-Pandemie sprechen wir vor allem von Opferzahlen, Sterberaten oder Übersterblichkeit. Über den Tod an sich und die Trauer, die damit verbunden ist, sprechen wir selten. Und doch lassen uns die Millionen Toten weltweit und die Tausenden Toten in der Schweiz keine andere Wahl, als uns intensiv mit dem Thema Trauer auseinanderzusetzen.
Eine der vielen Hinterbliebenen ist Mirjam Lamberti. Ihr Vater ist im vergangenen Dezember an Corona gestorben. «Wenn du selber betroffen bist, dann schaust du dir die Zahlen nochmals anders an», sagt Lamberti. Darüber zu sprechen, sei einerseits schwierig. Andererseits hat sie das Gefühl, an die Öffentlichkeit gehen zu müssen: «Das Thema wird noch immer von ganz vielen Leuten verharmlost und nicht ernstgenommen.»
Genau diese Reaktion und die Auswirkungen der Pandemie auf unsere Art des Trauerns erforscht die Psychologin Clare Killikelly an der Uni Zürich. Ihrer Meinung nach können zunehmende Verlustängste dazu führen, dass wir die Trauer anderer nicht mehr wahrnehmen – oder noch viel schlimmer: sie sogar ablehnen.
Michael Wiesmann ist reformierter Pfarrer im Kanton Zürich und begleitet regelmäßig Menschen, die jemanden verloren haben. Er sieht in der aktuellen Lage auch eine Chance für unsere Gesellschaft: «Gerade wenn wir mit Trauer öffentlich umgehen, leisten wir einen Beitrag dazu, das Thema Tod zu enttabuisieren.»
Warum wir so ein distanziertes Verhältnis zum Tod haben und wie Mirjam Lamberti dies als Angehörige erlebt, erfährt ihr im Video.