Seit 35 Jahren ist im Kanton Zürich immer ein Ständeratssitz in FDP-Hand. An ihrer Seite wechselten die Parteien: In den 90er-Jahren war es der LDU, 1999 kam für die nächsten acht Jahre die SVP zum Zug. 2007 schnappte Verena Diener (GLP) der SVP den Sitz weg: Sie erhielt rund 30'000 Stimmen mehr als ihr Konkurrent von der SVP, Ueli Maurer. Auch 2011 konnte Diener den Sitz erfolgreich verteidigen - gegen Christoph Blocher. Nun will es die SVP erneut versuchen: Rechtsprofesser Hans-Ueli Vogt soll den Sitz zurückerobern.
Zürcher Ständerat: Wird er zum reinen Männerklub?
Für den Kanton Zürich wollen fünf Männer und zwei Frauen in den Ständerat einziehen: Das breite Kandidatenfeld ist schon fast eine Garantie für einen zweiten Wahlgang: Die Kandidatinnen und Kandidaten werden sich gegenseitig Stimmen wegnehmen, so dass vermutlich niemand im ersten Wahlgang das absolute Mehr erreicht. Echte Wahlchancen haben jedoch nur FDP, SVP, SP und die Grünliberalen. Grüne, CVP und EVP hingegen dürften ihre Kandidaturen vor allem als Wahllokomotive nützen, um bei den Nationalratswahlen Stimmen zu holen.
Zum ersten Mal seit fast 30 Jahren könnte der Zürcher Ständerat ausserdem wieder zu einer reinen Männer-Angelegenheit werden: Von den sieben Kandidierenden haben ausgerechnet die beiden Frauen Barbara Schmid-Federer (CVP) und Maja Ingold (EVP) die kleinsten Wahlchancen.
Die Kandidatinnen und Kandidaten
Hans-Ueli Vogt (SVP)
Hans-Ueli Vogt hat in seinen vier Jahren im Zürcher Kantonsrat keine grossen Stricke zerrissen. Vogt war jedoch federführend bei der Ausarbeitung der SVP-Initiative «Zur Umsetzung von Volksentscheiden – Schweizer Recht geht fremdem Recht vor». Er wird sicher zum zweiten Wahlgang antreten. Der SVP ist die sogenannte «ungeteilte Standesstimme» mit zwei Bürgerlichen enorm wichtig. Spannend ist, ob seine Kandidatur von der FDP unterstützt wird. Die Positionen der beiden Parteien klaffen zum Teil weit auseinander, so taxiert die FDP-Parteileitung die erwähnte Völkerrechts-Initiative als «brandgefährlich».
Daniel Jositsch (SP)
Der Strafrechtsprofessor hat bis jetzt eine ungewöhnlich steile politische Karriere hingelegt: Nach einigen Jahren als Schulpflegepräsident in Stäfa wurde er 2007 in den Kantonsrat gewählt. Diesem gehörte er nur einige Monate an: Im Herbst desselben Jahres wurde er bereits in den Nationalrat gewählt. Jositsch vermochte sich über die Parteigrenze hinaus zu profilieren und gehört heute zu den bekanntesten SP-Politikern im Land. Obwohl die Konkurrenz gross ist, sind die Chancen intakt, dass Jositsch den 1983 verlorenen SP-Sitz im Ständerat zurückholt.
Ruedi Noser (FDP)
Der gebürtige Glarner gehört dem Nationalrat seit 2003 an. Derzeit präsidiert er die Kommission für Wirtschaft und Abgaben. Seit Frühling 2015 ist Noser Berufspolitiker, zuvor leitete er sein Informatik- und Telekommunikations-Unternehmen, die Noser Engineering AG. Seine Ausgangslage ist komfortabel: Er dürfte kaum Probleme haben, den Traditionssitz der FDP zu verteidigen. Ausserdem befindet sich seine Partei auf einem Höhenflug: Bei den kantonalen Wahlen gehörte die FDP zu den grossen Gewinnerinnen.
Martin Bäumle (GLP)
Martin Bäumle gilt als «Hansdampf in allen Gassen»: Seit 12 Jahren sitzt er im Nationalrat, gleichzeitig kümmert er sich als Finanzvorsteher um die Dübendorfer Finanzen und präsidiert die GLP Schweiz. Bäumle setzt sich für einen starken, aber schlanken Staat ein, der nachhaltig wirtschaftet und seine Umwelt nicht zulasten künftiger Generationen ausbeutet. Für Schlagzeilen sorgte Bäumles Gesundheit: 2014 erlitt er einen Herzinfarkt. Davon, sagt Bäumle, habe er sich zu 100 Prozent erholt. Martin Bäumle darf nicht unterschätzt werden: Er ist ein guter Stratege und dürfte auch im bürgerlichen Lager punkten.
Bastien Girod (Grüne)
Girod arbeitet als Umweltnaturwissenschafter an der ETH Zürich. Zur Zeit schreibt er an seiner Habilitation. In den Nationalrat wurde er 2007 gewählt, vier Jahre später schaffte er die Wiederwahl mit dem besten Resultat auf der Liste der Zürcher Grünen. Seit 2012 ist Girod ebenfalls Vizepräsident der Grünen Schweiz. Bei der Ständeratswahl darf er jedoch nicht auf ein Spitzenresultat hoffen: Im bürgerlich geprägten Kanton Zürich haben es die Grünen nicht leicht. Die Partei musste zudem bei den kantonalen Wahlen massive Verluste hinnehmen.
Barbara Schmid-Federer (CVP)
Barbara Schmid-Federer sitzt seit 2007 für die CVP im Nationalrat. Ihr Hauptinteresse gilt der Familienpolitik und dem Umgang mit neuen Medien. So macht sie sich zum Beispiel stark für verdeckte Ermittlungen in Chatrooms ohne bestehenden Tatverdacht. Anlässlich ihrer Kandidatur meinte sie, sie vertraue auf ihren politischen Leistungsausweis und ihre Politik «jenseits der ideologischen Schützengräben links und rechts». Trotz des grossen Wahlerfolgs bei den kantonalen Wahlen in Zürich, dürfte es für die kleine CVP schwierig werden, sich durchzusetzen. Spannend ist die Frage, wie sehr Barbara Schmid-Federer vom Frauenbonus im männlichen Kandidatenfeld profitieren kann.
Maja Ingold (EVP)
Maja Ingold kann auf eine lange, politische Karriere zurückblicken: 1997 begann sie als Gemeinderätin in Winterthur. Von 2002 bis 2010 war sie Stadträtin in Winterthur und stand dem Departement Soziales vor. Seit fünf Jahren sitzt sie im Nationalrat. Im Parlament beschäftigt sie sich hauptsächlich mit Rechts-, Sozial- und umweltpolitischen Fragen. Als Vertreterin einer Kleinstpartei hat Maja Ingold keine Wahlchance. Ihre Kandidatur soll vor allem ihrer Partei bei den Nationalratswahlen Auftrieb geben. Diese Funktion erfüllte sie bereits mit ihrer Kandidatur bei den Ständeratswahlen 2011.
(Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 17:30 Uhr)