Die Wähler kehren den grossen Volksparteien den Rücken. Das ist das Fazit aus den Nationalratswahlen 2011.
SVP-Erfolgswelle flacht abrupt ab
Die Schweizerische Volkspartei (SVP) bleibt stärkste Kraft im Nationalrat, trotzdem gehört sie zu den Verliererinnen. Sie erreicht noch 26,9 Prozent Wähleranteil – 2,3 Prozentpunkte weniger als 2007. Damit erreicht die Partei ihr selbst propagiertes Ziel von 30 Prozent nicht. In Nationalratssitze umgemünzt bedeutet dies 8 weniger. Neu kommt die SVP auf 54 Mandate.
SP kann Position halten und gewinnt Sitze dazu
Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) büsst zwar 0,8 Prozentpunkte ein – der Verlust bleibt aber ohne Folgen. Im Gegenteil: dank Proporzglück gewinnen die Sozialdemokraten 3 Mandate hinzu. Mit 18,7 Prozent Wähleranteil bleiben sie zweitstärkste Kraft und sind mit 46 Sitzen in der grossen Kammer vertreten.
FDP: Historische Niederlage
Die als wirtschaft- und bankennah geltende FDP.Die Liberalen (FDP) muss das schlechteste Resultat seit ihrem Bestehen hinnehmen. Ihr Wähleranteil sinkt von 15,8 auf 15,1 Prozent. Die Freisinnigen erzielen neu 30 Sitze, einer weniger als 2007. Auch die Fusion mit der LPS auf nationaler Ebene 2009 bringt nicht den erhofften Zuwachs, denn die Gesamtbilanz ist ernüchternd: Per Saldo haben FDP und LPS gegenüber 2007 5 Mandate weniger.
CVP weiterhin auf Sinkflug
Mandatsmässig bleibt der Absturz der Christlichdemokratischen Volkspartei der Schweiz (CVP) aus. Dennoch muss die Partei am Wahltag eine bittere Pille schlucken: Sie bricht von 14,5 auf 12,3 Prozent Wähleranteil ein. Die CVP verliert 3 Nationalratssitze und hält neu 28 Mandate. Ausgerechnet im Kanton Aargau, Heimatkanton von CVP-Bundesrätin Doris Leuthard, ereignet sich ein Debakel: Hier bringt die Partei bloss noch einen von drei Sitzen ins Trockene. Damit setzt die Partei ihren Abstieg fort, der 1991 begonnen hatte.
Die Grünen brechen ein
Herbe Verluste muss die Grüne Partei der Schweiz (Grüne) einstecken. Umfragen nach der Atomkatastrophe in Japan liessen noch ein Plus erwarten. Der sogenannte Fukushima-Effekt ist aber verpufft. Der Wähleranteil der Grünen sinkt von 9,8 auf 8,4 Prozent, was sich im Verlust von 5 Sitzen niederschlägt. Die Grüne Vertretung in der grossen Kammer umfasst damit noch 15 Sitze. In Zug muss die Partei sogar die Abwahl ihres bekannten Nationalrats Josef Lang verkraften.
Grünliberale entpuppen sich als Wahlgewinner
Die Grünliberale Partei der Schweiz (GLP) geht als klare Gewinnerin aus den Wahlen hervor. Sie kann ihren Wähleranteil um satte 4 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent steigern. Neu sitzen 12 Grünliberale im Nationalrat, 9 mehr als noch vor den Wahlen. Damit gelingt es der Newcomer-Partei, sich als nationale Partei zu etablieren. Im Kanton Zürich erreicht die Partei 11,5 Prozent und zieht nahezu mit der FDP (11,6 Prozent) gleich.
BDP-Donnerschlag aus der Mitte
Die Bürgerlich-Demokratische Partei Schweiz (BDP) war nach der Abspaltung von der SVP erstmals auf dem nationalen Prüfstand. Und sie etablierte sich auf Anhieb als ernstzunehmende Kraft in der Mitte der Parteienlandschaft. Die BDP ergattert mit einem Wähleranteil von 5,4 Prozent 9 Sitze. Stark ist sie in den Kantonen, wo die ersten Parteigründungen erfolgten: Graubünden, Bern und Glarus.
Die Kleinen: EVP, Lega, CSP, MCG, EDU und PdA
Von den kleineren Parteien behält die EVP zwei Sitze, obschon ihre Parteistärke von 2,4 auf 2 Prozent sinkt. Überraschend einen zweiten Sitz erobert die Tessiner Lega, die ihren Wähleranteil von 0,6 auf 0,8 Prozent steigert. Auf je einen Sitz kommen die Christlich-soziale Partei (CSP) und der Genfer Mouvement Citoyens (MCG). Leer geht die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) aus, die ihren Sitz in Bern verliert. Auch die linke Partei der Arbeit der Schweiz (PdA) kann ihren Waadtländer Sitz nicht halten.