Rund zehn Monate vor den Ständeratswahlen steht bereits fest: Neun der 46 amtierenden Ständeräte treten nicht mehr an:
- Peter Bieri (CVP/ZG)
- Christine Egerszegi (FDP/AG)
- Felix Gutzwiller (FDP/ZH)
- Hans Hess (FDP/OW)
- René Imoberdorf (CVP/VS)
- Paul Niederberger (CVP/NW)
- Urs Schwaller (CVP/FR)
- Markus Stadler (GLP/UR)
- Georges Theiler (FDP/LU)
Die Rücktritte wurden zu einem frühen Zeitpunkt angekündigt – teilweise mehr als ein Jahr vor den Wahlen. Ist das eine Strategie der «alten Hasen»? Ja, sagt Sarah Bütikofer, Politologin an der Universität Zürich. «Das hilft den Parteien, mögliche Nachfolger in Position zu bringen und den Wahlkampf gut zu planen.»
Junge sind im «Stöckli» untervertreten
Einige Rücktritte werden sicher noch folgen. So will sich die Zürcher Ständerätin Verena Diener (GLP) erst im Januar entscheiden. Für Bütikofer liegen die bisherigen Abgänge in der Norm: «Es ist normal, dass im Ständerat nach den Wahlen rund ein Drittel der Mitglieder neu sind. 2011 wurden zum Beispiel 15 Personen zum ersten Mal in den Ständerat gewählt. Im Laufe der Legislatur kam es bisher zu drei weiteren Neueintritten.»
Also Chancen für Junge, das «Stöckli» zu erobern? Die Politologin relativiert: «Das Durchschnittsalter beim Ratseintritt liegt im Ständerat bei etwa 55 Jahren. Die Gruppe der 50- bis 65-Jährigen ist dort seit jeher am stärksten vertreten.»
Somit sind Ständeräte im Durchschnitt einige Jahre älter als Nationalräte und treten in der Regel auch erst mit höherem Alter in den Rat ein. «Junge sind im Ständerat stark untervertreten.» Dies sei aber nicht weiter verwunderlich, meint Bütikofer.
Wer in den Ständerat will, muss jung starten
In der Regel verfügten Ständeräte über langjährige politische Erfahrung auf verschiedenen Stufen, viele auch auf Exekutivebene. «Das gilt auch für Personen, die jungen Alters in den Ständerat gewählt werden. Pascale Bruderer (SP/AG), Raphaël Comte (FDP/NE) oder Christian Levrat (SP/FR) sind momentan die Jüngsten im Ständerat. Sie verfügen aber alle über mindestens zehn Jahre Erfahrung aus anderen politischen Ämtern. Ihre politischen Karrieren verliefen gleich wie die der älteren Semester: über Gemeinde-, Einwohner-, Kantons- bzw. Nationalrat. Nur starteten sie halt sehr jung», erklärt Bütikofer.
Auffallend bei den Abgängen im Ständerat: Die CVP muss gleich in vier Kantonen (ZG, VS, NW und FR) ihre Sitze verteidigen. In ebenfalls vier Kantonen (AG, ZH, OW, LU) wird die FDP um ihre Sitze kämpfen müssen.
Ob die Mitte-Parteien durch diese Rücktritte ihre Sitze verlieren oder nicht, hängt stark von der Situation in den betreffenden Kantonen ab. Denn Ständeräte seien Kantonsvertreter und müssten in der Regel Majorzwahlen bestehen, betont Bütikofer. Gesamtschweizerische Trends bezüglich Wählerstärken gelten nicht automatisch auch für den Ständerat.
Kandidaten müssen in fremden Gewässern fischen
Für eine erfolgreiche Wahl in die kleine Kammer reicht es oft nicht, nur die Wählerbasis der eigenen Partei zu mobilisieren. Man müsse auch viele Wähler überzeugen, die eigentlich eine andere Partei vorziehen würden, stellt Bütikofer fest.
Kommen Wähler zum Schluss, dass die bevorzugte Kandidatur ihrer eigentlich präferierten Partei keine realistischen Wahlchancen hat, entscheiden sie sich häufig für die Unterstützung einer chancenreicheren Kandidatur aus einer anderen Partei.
Die Liste der zwar schweizweit bekannten, aber erfolglosen Ständerats-Kandidaten sei darum lang. Für die kleine Kammer kandidierten so zum Beispiel die SVP-Politiker Toni Brunner, Christoph Blocher und Ueli Maurer schon alle erfolglos. Auch viele SP-Politiker schafften die Wahl ins «Stöckli» nicht.
Für die linken Parteien kommt hinzu, dass sie kaum in einem Kanton über eine solide Mehrheit verfügten. «Sie gewinnen bei Ständeratswahlen vor allem dann einen Sitz, wenn sich die bürgerlichen Parteien uneinig sind», so Bütikofer.
Am Schluss muss die Person überzeugen
Paul Rechsteiners Wahlkampf in St. Gallen ist exemplarisch dafür, dass auch ein dezidiert linker Kandidat mit einem intensiven Wahlkampf und einer klaren Message die Wähler zu überzeugen vermag. Und Thomas Minder hat es in Schaffhausen ohne Parteizugehörigkeit geschafft, einen Sitz zu gewinnen.
Diese Beispiele zeigen, dass die Persönlichkeit eines Kandidierenden und dessen, wofür er oder sie einsteht, von grosser Wichtigkeit sind – gerade bei Personen, die eben nicht in der politischen Mitte angesiedelt sind.